Wird Donald Trump jetzt festgenommen? Nichts spricht im Moment dafür. Die Zeugenvernehmungen vor der Geschworenen-Jury in New York, die sich mit Trumps Schweigegeld-Zahlungen an Ex-Porno-Star Stormy Daniels (One Night Stand, während Trumps Ehefrau Melania gerade geboren hatte), beschäftigt, sind nicht abgeschlossen. Und die Staatsanwaltschaft hat bisher weder eine Anklage konkret avisiert noch mit Trumps Anwälten Kontakt aufgenommen.
Aber: Die Anzeichen, dass zum ersten Mal in der US-Geschichte ein Ex-Präsident strafrechtlich belangt werden könnte, verdichten sich.
Wie könnte dieses Szenario aussehen? Mit seinen Bodyguards würde Trump von Mar-a-Lago aus nach New York fliegen und dort im Gebäude des Bezirksstaatsanwalts erscheinen. Das Ritual – Fingerabdrücke und Fotos – bliebe ihm nicht erspart. Nach offizieller Verlautbarung der Anklage wäre Trump bis zum Ende eines Prozesses auf freiem Fuß. Dass es bei ihm zur Vorführung in Handschellen käme, ist unwahrscheinlich; auch wenn Trump das aus Publicity-Gründen durchaus gefallen könnte.
Warum macht Donald Trump diesen Zirkus? Er liebt die Opfer-Pose. Der Aufruf an seine Anhänger, für ihn auf die Straße zu gehen, ist ein Test-Ballon. Trump sagt, er sei die Zielscheibe einer „politisch korrupten Justiz“. Schafft er es noch, dass sich Zehntausende für ihn in die Bresche werfen?
Zweites Motiv wie immer bei Trump: Geld. Eine drohende Anklage hilft beim Eintreiben von Spenden. Mit der Lüge vom Wahlbetrug hat Trump Millionen eingenommen.
Kommt es zu Gewalt durch Trump-Anhänger? Das ist heute schwer zu sagen. Erste Wutwellen von seinen Fans in sozialen Medien sind flüchtig. Einer der Anführer des Aufruhrs von 2021 geht bereits auf Distanz: „Bislang habe ich gesagt, dass 100.000 Patrioten alle Straßen nach Mar-a-Lago blockierten sollen, wenn Trump inhaftiert würde. Heute bin ich in Rente. Trotzdem bete ich für ihn.“
In New York treffen die Sicherheitsbehörden besondere Vorkehrungen rund um das Justizgebäude.
Warum gibt es Zweifel am Vorgehen der New Yorker Staatsanwaltschaft? Weil der Schweigegeld-Fall mindestens fünf Jahre alt ist. Auch sind Schweigegeldzahlungen in den USA nicht illegal. Die unsachgemäße Abrechnung des Geldes (die 130.000 $ wurden als Anwaltskosten verbucht) wäre eine Ordnungswidrigkeit.
Ein Verbrechen wird es erst, wenn bewiesen ist, dass Trump mit dem Geld an Ex-Porno-Star Stormy Daniels seinem Wahlkampf 2016 quasi eine illegale Spende hat zukommen lassen. Ohne ein noch unbekanntes Ass im Ärmel des Staatsanwaltes wird die Anklage zum „Flop, sagt der Trump nahe stehende Washingtoner Rechts-Professor Jonathan Turley.
Gibt es nicht schwerere Vorwürfe gegen Trump? Trumps Chef-Regisseur-Rolle bei der Inszenierung des blutigen Aufstandsversuchs am Kapitol im Jänner 2021 gilt in Washington als viel schwerwiegender. Auch seine lückenlos dokumentierten Versuche, im Bundesstaat Georgia nach der Wahl 2020 nachträglich knapp 12.000 Stimmen für ihn einzutreiben, um Joe Biden zu übertreffen, gelten als Attentat auf die demokratische Grundordnung; hier liegt ebenfalls eine Anklage in der Luft.
Dass Trump illegal hoch geheime Regierungspapiere in Mar-a-Lago aufbewahrte und darüber falsche Angaben machte, ist ebenfalls kein Kavaliersdelikt.
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