Am Rande der Requiems für Papst Franziskus wurde Weltpolitik gemacht: Für Selenskij war das "historisch", Trump zweifelte danach an Putins Willen, den Krieg zu beenden. Ob das nachhaltig ist, darf aber bezweifelt werden.
Den dritten Stuhl schob der Geistliche schnell weg, das Gespräch war nur für zwei gedacht. Das Bild, das dann entstand, bleibt wohl für die Ewigkeit: Donald Trump und Wolodimir Selenskij Auge in Auge mitten im Petersdom, der Sarg von Papst Franziskus nicht weit weg. Wer hier wem die Beichte abnahm, wird man wohl kaum erfahren. Ebenso wenig, wer der mysteriöse Dritte war.
Zwei Monate ist es her, dass der US-Präsident den ukrainischen Präsidenten vor den Augen der Weltöffentlichkeit zum Schulbuben degradiert hat. Seither hat sich die Tonlage massiv geändert: Die USA drehten der Ukraine die Geheimdienstinfos ab, der Mineralien-Deal, der Kiew wirtschaftlich stützen sollte, wurde zum Knebelvertrag. Selenskij und sein Team versuchten unablässig, Trump wieder auf ihre Seite zu ziehen, bisher aber vergebens: Der legte Moskau zuletzt sogar einen Friedensdeal vor, den Europa als größtmögliche Anbiederung an Putin verstand. Die Krim und die okkupierten Regionen würden demnach fortan russisch, anerkannt durch die USA.
Trump und seine Frau Melania durften in der ersten Reihe Platz nehmen
„Lächerliche“ Krim-Forderung
Die Begräbnisatmosphäre hat an dieser Haltung wohl nicht allzu viel geändert. Diesmal hatte Trump zwar nichts an Selenskijs Outfit zu meckern (er selbst brach den päpstlichen Dresscode, indem er blau statt schwarz trug), und der ukrainische Staatschef sprach nach dem Gespräch von einem „sehr symbolischen Treffen, das das Potenzial hat, historisch zu werden“. Trump hingegen wich von seiner Linie nicht ab: In einem Posting nach der Beerdigung nannte er den Wunsch der Ukraine, ihre Territorien zurückzubekommen, einfach nur „lächerlich“. Und ein zweites Treffen nach der Beerdigung, das Selenskijs Team avisiert hatte, fand dann „aus Zeitgründen“ nicht mehr statt. Trump flog in die USA – ihm steht ein Wochenende voller Golfen bevor.
Auffällig war ausschließlich, Trumps etwas strengerer Ton Putin gegenüber in dem Posting. Den hatten er und sein Unterhändler Steve Witkoff, der derzeit wieder in Moskau für PR-Bilder des Kreml sorgt, stets als „guten Typen“ gelobt, und vor dem Flug nach Rom war laut Trump ein Deal angeblich zum Greifen nah. Nach dem Gespräch war er sich da nicht mehr so sicher: „Putin hatte keinen Grund, zivile Regionen zu bombardieren. Vielleicht will er den Krieg nicht beenden, sondern mich nur hinhalten.“ Neue Sanktionen wären eine mögliche Antwort.
Selenskijs Outfit beim Begräbnis war regelkonfrom, er trug einen schwarzen, militärischen Anzug. Trump beging einen Fehltritt: Er trug blau statt schwarz.
Dass Selenskijs Schilderung des jüngsten Bombardements auf Kiew mit einem Dutzend Toten Trumps Bild von Putins geradegerückt hat, ist durchaus denkbar. Möglicherweise haben auch einige europäische Staats- und Regierungschefs nachgeholfen; Emmanuel Macron war dabei, als die Trump und Selenskij im Petersdom ins Beichtgespräch gingen, der deutsche Noch-Kanzler Olaf Scholz, Briten-Premier Keir Starmer und selbst EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, die Trump bekanntlich nicht leiden kann, hatten kurz sein Ohr. Am längsten dürfte Italiens Premierministerin Giorgia Meloni mit ihm gesprochen haben; sie gilt dank ihrer rechtspopulistischen Politik neben Ungarns Premier Orbán als einzig relevante Gesprächspartnerin Trumps in Europa.
Wie nachhaltig Trumps (ohnehin nicht allzu großer) Sinneswandel ist, bleibt abzuwarten. Sanktionen hat er dem Kreml schon öfter angedroht, Putin blieb davon stets komplett ungerührt. In den russischen Medien waren darum auch weder Begräbnis noch das Treffen von Trump und Selenskij groß Thema, bejubelt wurde dort etwas anderes: Putins Freude über die Hilfe Nordkoreas bei der Befreiung der Region Kursk. Der Zeitpunkt dieser Machtdemonstration war wohl kein Zufall: Bisher hatte Putin die Kriegsbeteiligung Nordkoreas stets verleugnet.
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