Der Gegenschlag ließ nicht lange auf sich warten. Stunden, nachdem er in New York seine Anklage verlesen bekommen hatte, stand Trump auf seinem Anwesen in Mar a Lago, Florida und tönte in gewohnter Weise. Das sei ein Fall von politischer Justiz, wie ihn die USA noch nicht gesehen hätten: "Ich hätte nie gedacht, dass so etwas in den USA passieren könnte."
Was aber ist tatsächlich passiert - und wie geht es in den kommenden Wochen und Monaten weiter. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie geht es nach der Anklage weiter?
Frühestens Anfang 2024 sieht Richter Juan Merchan den Zeitpunkt dafür gekommen, den ehemaligen US-Präsidenten in New York einem Gerichtsverfahren zu unterziehen. Seine Verteidiger wollen ebenfalls frühestens im Frühjahr 2024 versuchen, die Unschuld des 76-Jährigen zu beweisen. Doch das Rechtsanwaltsteam Trumps wird alle Hebel in Bewegung setzen, um das Verfahren weiter zu verzögern.
Unterstützt könnten sie dabei ausgerechnet durch die US-Justizbehörden werden. Die vermeiden nämlich traditionell, juristische Schritte zu setzen, die eine laufende Wahlkampagne beeinflussen könnten - und diese Wahlkampagne läuft spätestens ab Jahresbeginn 2024 voll an.
Was ist Trumps Strategie?
Wie schon vor der Anklage ist der Ex-Präsident sofort in den Gegenangriff gegangen. Er bezeichnet die Vorwürfe als unhaltbar und politisch motiviert. Er attackiert Staatsanwalt Alvin Bragg als Marionette des politisch umstrittenen Investors George Soros, Richter Juan Merchan wirft er vor ein Trump-Hasser zu sein, ebenso wie dessen Frau und dass deren Tochter für Vizepräsidentin Kamala Harris arbeite.
In Wahrheit ist sie lediglich für eine Agentur tätig, die viele Demokraten beraten hat. Es gebe also, so seine Schlussfolgerung, "keinen Fall". Trump versucht auch die anderen Vorwürfe, die zu einer Anklage gegen ihn führen könnten zu entkräften und attackiert wieder Joe Bidens Sohn Hunter wegen seiner Geschäftsbeziehungen in der Ukraine.
Welche Vorwürfe sind das?
Der erste Fall, der vom FBI untersucht wird, beschäftigt sich mit seiner Rolle als Mastermind des Sturms auf das Kapitol in Washington am 6. Jänner 2021, aber auch mit anderen Versuchen des Wahlbetrugs und mit Spendenkampagnen nach der Präsidentschaftswahl 2020, die mit damals bereits als falsch bewiesenen Vorwürfen arbeiteten. Hier soll eine Entscheidung, ob angeklagt wird, noch heuer fallen.
Der zweite Fall beschäftigt sich mit Trumps Versuch, die verlorene Präsidentschaftswahl im Bundesstaat Georgia nachträglich noch umzudrehen. Kernstück der bisher bekannten Indizien ist ein Anruf Trumps beim Leiter der Wahlbehörde mit der direkten Aufforderung doch die fehlenden 11.000 Stimmen für ihn irgendwo aufzutreiben. Eine Entscheidung über eine Anklage könnte schon in den nächsten Wochen fallen.
Der dritte Fall dreht sich um die von Trump nach Mar a Lago geschafften Akten aus dem Weißen Haus, ein Verstoß gegen gesetzlich verankerte Sicherheitsbestimmungen, der allerdings auch Joe Biden und Ex-Vizepräsident Mike Pence vorgeworfen wird. Trump aber hat die Herausgabe einiger Akten mutmaßlich auch nach Beginn der Ermittlungen blockiert. Das könnte in eine Anklage wegen Behinderung der Justiz münden.
Wie steht es um Trumps Popularität und seine Chancen auf eine Wiederwahl 2024?
Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Anklage Trumps Popularität weiter absinken lässt, allerdings geringfügig. So liegt die Zustimmung zu ihm bei knapp unter 40 Prozent, eine Mehrheit lehnt ihn ab. Allerdings ist eine Mehrheit überzeugt, dass hinter der Anklage politische Motive stehen. Zugleich hat Trump seinen Vorsprung gegenüber Mitbewerber Ron de Santis bei republikanischen Wählern klar ausgebaut. Er liegt bei rund 60, De Santis bei 40 Prozent, alle anderen Mitbewerber sind bei ferner liefen.
Er ist somit klarer Favorit für die republikanische Kandidatur. Im direkten Duell gegen Joe Biden würde Trump derzeit eine knappe Niederlage einfahre, er liegt drei bis vier Prozent hinten. Trumps Problem ist weiterhin, dass er die Wechselwähler in der politischen Mitte nicht anspricht.
Wie ist der Rückhalt bei den Republikanern?
Der rechte Flügel der Partei mit so exzentrischen Figuren wie Majorie Tayloe Greene steht ohnehin felsenfest hinter Trump. Allerdings haben sich auf Mitbewerber Ron de Santis, oder sein Erzfeind Mitt Romney dazu durchgerungen, das jetzt eröffnete Verfahren als politisch motiviert und undemokratisch zu verurteilen. Andere Partei-Schwergewichte wie Senator Mitch McConnell verhalten sich auffallend still und verlieren kaum ein Wort zu den aktuellen Ereignissen. Die republikanische Basis steht hinter Trump, was ihn in den Vorwahlen im nächsten Jahr zum Favoriten macht.
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