Tausende Bulgaren protestieren - und wollen eine neue Regierung

Anti-Regierungsproteste in Sofia, Bulgarien
Den fünften Abend in Folge haben in Bulgarien Tausende Demonstranten den Rücktritt der Regierung gefordert. Vorwurf: Korruption

Seit Donnerstag jeden Abend das selbe Bild in Bulgariens Hauptstadt Sofia: Zigtausende Demonstranten ziehen trotz der Coronapandemie durch die Straßen und fordern den Rücktritt der konservativ-nationalistischen Regierung von Ministerpräsident Boiko Borissow.

Sie werfen der seit Mai 2017 amtierenden Koalitionsregierung „Korruption und mafiöse Handlungsweise“ vor. Die Proteste entzündeten sich zuletzt an Razzien in Büros von zwei Mitarbeitern des bulgarischen Präsidenten Rumen Radew. Viele sehen darin einen Angriff auf Radew selbst. 

Die Demonstranten fordern auch die Ablösung von Generalstaatsanwalt Iwan Geschew. Er steht bei weiten Teilen der Bevölkerung seit längerem im Verdacht, Ermittlungen in politisch heiklen Fällen zu hintertreiben.

Der von den oppositionellen Sozialisten unterstützte Radew hat sich als Kritiker der Regierung hervorgetan. Er hatte er dazu aufgerufen, die „Mafia“ aus der Regierung und der Staatsanwaltschaft zu vertreiben.Regierungschef Borissow (GERB) hatte bereits am Wochenende erklärt, sein Kabinett werde nicht zurücktreten. Der prominente GERB-Parlamentarier Toma Bikow schloss allerdings am Montag im Staatsfernsehen eine vorgezogene Parlamentswahl nicht mehr aus.

Tausende Bulgaren protestieren - und wollen eine neue Regierung

Bulgariens Premier Boiko Borissow

Die reguläre Parlamentswahl wäre im März. Eine mögliche Neuwahl könnte Beobachtern zufolge erst im Spätherbst stattfinden, da nach der Verfassung zuvor Staatspräsident Radew eine Interimsregierung einsetzen muss.
Neue Proteste gab es am Montagabend auch in den Schwarzmeerstädten Warna und Burgas sowie in Plowdiw im Süden.

Der bulgarische Ärzteverband zeigte sich besorgt, weil bei den Protesten der vergangenen Tage die empfohlenen Corona-Schutzmaßnahmen nicht eingehalten oder unterschätzt worden seien. Dies dürfte unvermeidlich zu einem Anstieg der Infektionszahl und einer Überbelastung des Gesundheitssystem führen, warnte der Verband. In Bulgarien steigen die Corona-Fallzahlen seit Mitte Juni schnell weiter.

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