"Tauben" gefährden Berlusconis Pläne

Silvio Berlusconi bei einer Abstimmung im Parlament.
Premier Letta stellt am Mittwoch die Vertrauensfrage – und hofft auf eine Spaltung in Berlusconis Fraktion.

Nachdem Silvio Berlusconi seine Minister aus der italienischen Regierung zurückgezogen hat, versinkt das politische Rom einmal mehr in Ratlosigkeit. Premier Enrico Letta stellt am Mittwoch eine Vertrauensfrage, bis dahin übernimmt wieder Staatspräsident Giorgio Napolitano mit seinen 88 Jahren eine führende Rolle bei der Suche nach einem Ausweg aus den politischen Turbulenzen. Napolitano führt inoffiziell Gespräche mit den Parteien in der Hoffnung, einen Regierungssturz abzuwenden.

Gespaltene Partei

Ein Mann mit Brille und Anzug hält die Hand auf seine Brust.
Italy's Prime Minister Enrico Letta gestures during a meeting in Rome, September 29, 2013. Letta will go before parliament to chart a possible way out of the country's political crisis, a statement from the Italian President's office said on Sunday. The statement, which came after a meeting between Letta and President Giorgio Napolitano, said the two men had discussed possible solutions after the shock resignation of five ministers belonging to Silvio Berlusconi's centre-right party. REUTERS/Remo Casilli (ITALY - Tags: POLITICS)
Dass Letta die Vertrauensfrage erst am Mittwoch und nicht – wie erwartet – Anfang dieser Woche stellt, hat taktische Gründe. Damit hofft er Zeit zu gewinnen und eine Spaltung in Berlusconis PdL zu fördern. In der Partei gewinnt die Front der "Tauben", die sich gegen einen Sturz der Regierung wehren, immer mehr an Gewicht.

Berlusconi hatte am Samstagabend die fünf Minister seiner Partei zum Rücktritt aufgefordert. Zwar folgten diese allesamt dem moderaten PdL-Flügel angehörenden Minister dem Aufruf in einer Erklärung. Am Sonntag gingen jedoch drei der fünf Minister auf Distanz. Gaetano Quagliariello, Minister für Verfassungsreformen, Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin sowie Transportminister Maurizio Lupi kündigten an, sich Berlusconis Bewegung Forza Italia nicht anschließen zu wollen, die Berlusconi neu gründen will. Sogar der treue PdL-Chef Angelino Alfano versuchte bis zuletzt Berlusconi zu überzeugen, auf dem Ministerrückzug zu verzichten.

Lorenzin sagte, Berlusconi werde zwar von der Justiz und von der Linken verfolgt; sein Drama sei das Drama der gesamten Partei, aber sie könne den Bruch der Koalition "weder rechtfertigen noch teilen". Laut Lupi hat eine wiedererstandene Forza Italia nichts mit der von Berlusconi 1994 gegründeten freiheitlichen und toleranten Bewegung gleichen Namens zu tun. "Ich aber will nicht Mitglied einer extremistischen Partei werden", sagte Lupi. Quagliariello will den Rücktritt aus dem Kabinett zwar nicht zurücknehmen, die Entscheidung bezeichnete er aber als gravierenden Fehler.

Napolitano im Großeinsatz

Ein älterer Mann mit Brille sitzt auf einem verzierten Stuhl.
epa03888609 Italian President Giorgio Napolitano attends an event marking the 14th European Day of Jewish culture, in Naples, southern Italy, 29 September 2013. Italian Premier Enrico Letta's grand-coalition government is close to collapsing after ministers from Silvio Berlusconi's People of Freedom (PdL) party said 28 September they were quitting. EPA/CESARE ABBATE
Präsident Napolitano will indessen alles Mögliche unternehmen, um einen Regierungssturz abzuwenden. Er möchte um jeden Preis verhindern, dass die Italiener nach den Parlamentswahlen im Februar schon wieder zu den Urnen schreiten müssen - und dies mit einem Wahlgesetz, das laut dem Staatsoberhaupt für die instabilen politischen Machtverhältnisse in Rom mitverantwortlich ist.

Napolitano macht schon seit Monaten Druck auf das Parlament für eine Wahlrechtsreform. Er bemängelt immer wieder, dass sich die Gruppierungen nicht zu einer Revision des Wahlsystems geeinigt haben, die für Italien dringend notwendig sei. Die Tatsache, dass ein neues Wahlgesetz nicht verabschiedet worden sei, hatte er kürzlich als „unverzeihbar“ bezeichnet.

Gegen Napolitano stemmen sich die Forderungen Berlusconis und der Oppositionsparteien nach Neuwahlen. „In einer Demokratie sind Wahlen der Hauptweg zur Lösung politischer Krisen“, erklärte Berlusconi. Eine Übergangsregierung, die das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr und eine Wahlreform unter Dach und Fach bringe, schloss der Medienzar aus. Eine Regierung mit Lettas PD, der „Partei der Verräter“, sei dem Land unzumutbar, erklärte der TV-Tycoon, dem wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung - mit maßgeblicher Hilfe der PD - der Ausschluss aus dem Senat droht.

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