"Tauben" gefährden Berlusconis Pläne

Nachdem Silvio Berlusconi seine Minister aus der italienischen Regierung zurückgezogen hat, versinkt das politische Rom einmal mehr in Ratlosigkeit. Premier Enrico Letta stellt am Mittwoch eine Vertrauensfrage, bis dahin übernimmt wieder Staatspräsident Giorgio Napolitano mit seinen 88 Jahren eine führende Rolle bei der Suche nach einem Ausweg aus den politischen Turbulenzen. Napolitano führt inoffiziell Gespräche mit den Parteien in der Hoffnung, einen Regierungssturz abzuwenden.
Gespaltene Partei

Berlusconi hatte am Samstagabend die fünf Minister seiner Partei zum Rücktritt aufgefordert. Zwar folgten diese allesamt dem moderaten PdL-Flügel angehörenden Minister dem Aufruf in einer Erklärung. Am Sonntag gingen jedoch drei der fünf Minister auf Distanz. Gaetano Quagliariello, Minister für Verfassungsreformen, Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin sowie Transportminister Maurizio Lupi kündigten an, sich Berlusconis Bewegung Forza Italia nicht anschließen zu wollen, die Berlusconi neu gründen will. Sogar der treue PdL-Chef Angelino Alfano versuchte bis zuletzt Berlusconi zu überzeugen, auf dem Ministerrückzug zu verzichten.
Lorenzin sagte, Berlusconi werde zwar von der Justiz und von der Linken verfolgt; sein Drama sei das Drama der gesamten Partei, aber sie könne den Bruch der Koalition "weder rechtfertigen noch teilen". Laut Lupi hat eine wiedererstandene Forza Italia nichts mit der von Berlusconi 1994 gegründeten freiheitlichen und toleranten Bewegung gleichen Namens zu tun. "Ich aber will nicht Mitglied einer extremistischen Partei werden", sagte Lupi. Quagliariello will den Rücktritt aus dem Kabinett zwar nicht zurücknehmen, die Entscheidung bezeichnete er aber als gravierenden Fehler.
Napolitano im Großeinsatz

Napolitano macht schon seit Monaten Druck auf das Parlament für eine Wahlrechtsreform. Er bemängelt immer wieder, dass sich die Gruppierungen nicht zu einer Revision des Wahlsystems geeinigt haben, die für Italien dringend notwendig sei. Die Tatsache, dass ein neues Wahlgesetz nicht verabschiedet worden sei, hatte er kürzlich als „unverzeihbar“ bezeichnet.
Gegen Napolitano stemmen sich die Forderungen Berlusconis und der Oppositionsparteien nach Neuwahlen. „In einer Demokratie sind Wahlen der Hauptweg zur Lösung politischer Krisen“, erklärte Berlusconi. Eine Übergangsregierung, die das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr und eine Wahlreform unter Dach und Fach bringe, schloss der Medienzar aus. Eine Regierung mit Lettas PD, der „Partei der Verräter“, sei dem Land unzumutbar, erklärte der TV-Tycoon, dem wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung - mit maßgeblicher Hilfe der PD - der Ausschluss aus dem Senat droht.
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