Evakuierung aus Kriegsgebieten: Ein Jagdkommandosoldat erzählt

Evakuierung aus Kriegsgebieten: Ein Jagdkommandosoldat erzählt
Zahlreiche Menschen – darunter 27 Österreicher – werden derzeit aus dem Sudan gebracht. Auch das Jagkommando hat Erfahrung in solchen Missionen. Etwa 2011, als die Elitesoldaten Menschen aus Ägypten und Libyen retteten.

Inmitten der heftigen Kämpfe um die sudanesische Hauptstadt Khartum wurden 27 Österreicher von deutschen und französischen Soldaten evakuiert und nach Jordanien gebracht. Dass es bei Evakuierungsmissionen Abkommen zwischen befreundeten Staaten gibt, ist keine Seltenheit: „Wir haben damals unter anderem Kroaten, Deutsche, Kanadier sowie den australischen Botschafter aus Libyen gebracht“, sagt Oberst Rudolf Weissenbacher, stellvertretender Kommandant des Jagkommandos, zum KURIER.

Mehr lesen: Das Jagdkommando zeigt, was es kann

Mit damals ist der libysche Bürgerkrieg gemeint, der im Februar 2011 ausbrach. „Ich bin gerade aus Kairo von der letzten Evakuierung zurückgekommen und habe meinen Geburtstag nachgefeiert, als der Auftrag kam, nach Libyen zu fliegen und dort Zivilisten zu evakuieren.“ Mit einer Vorlaufzeit von zwölf Stunden – in Weissenbachers Geschäft keine Seltenheit – ging es mit dem allerletzten Linienflug in die libysche Hauptstadt Tripolis zur österreichischen Botschaft.

Evakuierung aus Kriegsgebieten: Ein Jagdkommandosoldat erzählt

Doch wie läuft eine solche Evakuierungsmission ab? „Die Ausreisewilligen werden von der Botschaft verständigt, finden sich an einem Sammelpunkt ein – in diesem Fall waren es die Botschaft und die Residenz des Handelsdelegierten. Anschließend ging es zum Flughafen, von wo aus wir die Menschen mit der C-130 ‚Hercules‘ nach Malta ausflogen“, sagt Weissenbacher. Doch inzwischen eskalierte die Situation massiv: „Wir hatten bei weitem noch nicht alle herausgeflogen, erst zwei Flüge unternommen, da war der Flughafen bereits unbenutzbar. Wir mussten die restlichen Personen am Landweg nach Tunesien außer Landes bringen.“

Jederzeit bereit

„Jagkommandosoldaten warten ihr ganzes Leben auf Aufträge wie diesen“, sagt der Psychologe des Eliteverbandes. „Jeder muss seine Basis beherrschen, über einen entsprechenden Impfstatus für alle Gebiete weltweit verfügen, gültige Dokumente besitzen. Jeder verschafft sich ein Lagebild – wie auch jetzt, in der Sudan-Krise. Wenn es notwendig sein sollte, wären die Soldaten jederzeit bereit.“

Wichtig ist, dass die Anzahl der Soldaten bei derartigen Einsätzen schon aus Platzgründen so gering wie möglich gehalten wird. Das bedeutet, dass jeder Soldat über eine breite Palette an Fähigkeiten verfügen muss: „Er muss etwa in der Lage sein, rasch medizinische Hilfe leisten zu können, in puncto Minenerkennung oder auch Minenentschärfung auf dem neuesten Stand sein, eine Funkverbindung unter schwierigen Umständen herzustellen“, sagt Weissenbacher, der die Evakuierung am Landweg geleitet hatte.

„Wir waren etwa 20 Fahrzeuge, mussten an unzähligen Checkpoints vorbei. Militär, Rebellen – das ist keine große Herausforderung. Aber dann gab es auch Checkpoints von Bürgermilizen, die Wegzoll verlangten. Hier mussten wir oft deeskalierend vorgehen“, sagt Weissenbacher.

Herausforderung Kommunikation

Brenzlig war es etwa, als sie eine Stadt, die gerade massiv beschossen wurde, umfahren mussten. „Es ist eine Herausforderung, den Konvoi in dieser Lage zusammenzuhalten, vor allem, wenn es Schwierigkeiten mit den Satellitentelefonen und somit mit der Kommunikation gibt. Zudem ist immer ein Vorauskommando notwendig, das die geplante Route aufklärt. Hier haben wir uns mit zuvor vereinbarten Treffpunkten zu vereinbarten Zeiten anhand der Karte beholfen.“

Evakuierung aus Kriegsgebieten: Ein Jagdkommandosoldat erzählt

Auch die Überquerung der Grenze wurde zum Geduldspiel: „Tausende wollten außer Landes – wir hatten eine Wartezeit von sieben bis acht Stunden“, sagt Weissenbacher. Allerdings hätten die tunesischen Grenzbeamten bald zuvorkommender reagiert, als sie merkten, dass sie Österreicher vor sich hatten.

 

Kommentare