Streit um US-Briefwahl geht weiter: Postchef will doch keine Sparmaßnahmen setzen

Streit um US-Briefwahl geht weiter: Postchef will doch keine Sparmaßnahmen setzen
Kürzungen bei der US-Post besorgen Trump-Kritiker, der Vorwurf: Er würde sie schwächen und so die Abwicklung der Briefwahl manipulieren. Nun rudert der von ihm installierte Postchef zurück.

Im Streit um eine mögliche Behinderung von Briefwahlen hat die US-Post umstrittene Sparmaßnahmen vorerst auf Eis gelegt. Post-Chef Louis DeJoy erklärte am Dienstag, seit langem geplante Umstrukturierungen würden auf die Zeit nach der Präsidentschaftswahl vom 3. November verschoben. Wahlpost werde "pünktlich und innerhalb unserer gut etablierten Servicestandards" zugestellt.

So könnten Postmitarbeiter weiterhin im notwendigen Umfang Überstunden leisten, die Öffnungszeiten von Postfilialen würden nicht eingeschränkt und es würden keine Sortierzentren geschlossen.

"Zuletzt hat es viele Diskussionen darüber gegeben, ob die Post bereit, willens und fähig ist, sich der Herausforderung (der Briefwahlen) zu stellen", erklärte DeJoy, der im Frühjahr von Präsident Donald Trump an die Postspitze gesetzt worden war. Er wolle verhindern, dass der Eindruck entstehe, dass die Reformen bei der Post die Briefwahlen beeinflussen könnten.

Das Thema hatte zuletzt für erbitterten Streit in den USA gesorgt: Die oppositionellen Demokraten werfen Trump und DeJoy vor, die Post gezielt zu schwächen, um Briefwahlen bei der Präsidentschaftswahl im November zu torpedieren.

Demokraten: Trump wolle Post schwächen

Zuletzt häuften sich Berichte über Verzögerungen bei der Auslieferung, gekürzte Öffnungszeiten von Postfilialen und entsorgte Sortiermaschinen.Wegen der Corona-Pandemie könnten in diesem Jahr Schätzungen zufolge doppelt so viele Menschen ihre Stimme per Post abgeben wie bei der letzten Wahl 2016, um einen Gang ins Wahlbüro zu vermeiden.

Trump macht aber schon seit Monaten Stimmung gegen Briefwahlen: Er bezeichnet sie als extrem betrugsanfällig, obwohl Experten entschieden widersprechen. Offenbar befürchtet der Republikaner, dass von einer Ausweitung der Briefwahlen die Demokraten profitieren könnten.

Streit um US-Briefwahl geht weiter: Postchef will doch keine Sparmaßnahmen setzen

Menschen protestieren gegen Trump und DeJoy

Trump hatte am vergangenen Donnerstag offen davon gesprochen, der Post die notwendigen Mittel vorzuenthalten, um Abermillionen Briefwahlzettel fristgerecht zu befördern. Demokraten sahen darin einen Versuch des republikanischen Amtsinhabers, die Wahlbeteiligung zu seinen Gunsten gering zu halten.

Trump hat dagegen wiederholt erklärt, dass Briefwahl das Fälschungsrisiko deutlich erhöhe - ohne dafür Belege vorzulegen. Die Demokraten setzen sich dafür ein, dass wegen der anhaltenden Corona-Pandemie möglichst vielen Wählern die Abstimmung per Briefwahl ermöglicht wird.

Zusätzliche Ressourcen wegen "unvorhergesehener Nachfrage"

Die Lage bei der Post war in den vergangenen Tagen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Angesichts der Corona-Pandemie wird erwartet, dass viele Amerikaner auf Briefwahl zurückgreifen und nicht ins Wahllokal gehen werden. Die Post hatte fast alle Bundesstaaten gewarnt, sie könne nicht garantieren, dass Stimmzettel rechtzeitig ankommen - während sie Sortiermaschinen und Briefkästen abbaute.

DeJoy teilte nun mit, von Oktober an würden zusätzliche Ressourcen in Bereitschaft gehalten, um "unvorhergesehener Nachfrage" gerecht werden zu können. Die Öffnungszeiten von Postämtern würden nicht geändert. Sortiermaschinen und Briefkästen würden nicht abgebaut. Überstunden würden wo nötig genehmigt. Die pünktliche Zustellung von Wahlunterlagen genieße bis zum Wahltag höchste Priorität.

Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, hatte DeJoy am Dienstag vorgeworfen, die Post "Stein für Stein" abbauen zu wollen. Schumer sagte: "Wenn Amerikaner die Fairness der Wahlen anzweifeln, ist das der Anfang vom Ende." Der Senator bestätigte zugleich, dass DeJoy an diesem Freitag vor dem Heimatschutzausschuss des Senats aussagen werde.

Postchef soll vor Ausschuss aussagen

Im Kontrollausschuss des Repräsentantenhauses soll DeJoy dann nach Angaben der Ausschussvorsitzenden Carolyn Maloney am Montag aussagen. Der Senat wird von Trumps Republikanern dominiert, das Repräsentantenhaus von den Demokraten. DeJoy wurde im Juni vom Aufsichtsrat der Post zu deren Chef ernannt. Er ist ein wichtiger Spender für Trump und dessen Republikaner.

Wegen des Streits wurde das Repräsentantenhaus aus der Sommerpause zurückgerufen. Die Vorsitzende der Kongress-Kammer, die Demokratin Nancy Pelosi, hatte mitgeteilt, am Samstag solle über ein Verbot von Kürzungen im Post-Betrieb abgestimmt werden, die das Angebot unter den Stand zum 1. Januar 2020 absinken ließen. Der Senat müsste einer solchen Regelung des Repräsentantenhauses zustimmen.

Gericht beschäftigt sich mit Streitfall

Kritiker werfen Trump vor, mit Kürzungen bei der Post die verbreitete Briefwahl mitten in der Corona-Pandemie verhindern zu wollen. Die Justizministerin des Bundesstaats New York, Letitia James, kündigte am Montag an, gemeinsam mit Kollegen mehrerer Bundesstaaten rechtliche Schritte zu prüfen, um die Post gegen etwaige Maßnahmen von Trump zu schützen. James nannte es "zutiefst beunruhigend", dass Trump versuche, den Betrieb der Post vor der Wahl zu stören. Sie warf dem Präsidenten vor, damit zu versuchen, an der Macht zu bleiben.

Trump wies die Vorwürfe erneut zurück. "Ich habe alle angewiesen, die Post zu beschleunigen, nicht die Post zu verlangsamen", sagte er am Montag. Trump verteidigte die Maßnahmen als Versuch, die Verluste beim staatlichen Postdienst zu stoppen. "Die Post hat in kurzer Zeit 78 Milliarden Dollar verloren", sagte Trump dem Sender Fox News. "Sie wurde schrecklich geführt, und wir korrigieren das." Später schrieb er auf Twitter: "Rettet die Post!"

Was die benötigte zusätzliche Finanzierung der Post angeht, ist aktuell ein Betrag von 25 Milliarden Dollar für den Postbetrieb im Gespräch. Das Weiße Haus hatte seine Zustimmung dazu zuvor von einer Gesamtlösung im Streit über Hilfsmaßnahmen für die US-Wirtschaft in der Corona-Krise abhängig gemacht, war jedoch zuletzt von dieser Position abgerückt.

Trump erklärte unterdessen, er halte eine Niederlage bei der Wahl im November nur im Fall von Wahlmanipulationen für möglich. "Wir müssen diese Wahl gewinnen", sagte Trump am Montag (Ortszeit) bei einem Auftritt vor Anhängern in Oshkosh im Bundesstaat Wisconsin.

"Stellen Sie sicher, dass Ihre Stimmen gezählt werden. Stellen Sie das sicher, weil der einzige Weg, wie wir diese Wahl verlieren werden, ist, wenn die Wahl manipuliert ist. Denken Sie daran. Das ist der einzige Weg, wie wir diese Wahl verlieren werden." Trump betonte: "Wir werden für das Überleben unserer Nation und der Zivilisation selbst kämpfen."

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