Stockholm: Haftbefehl gegen mutmaßlichen Attentäter

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Der Usbeke wird am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt.

Nach dem Lkw-Anschlag in Stockholm hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen den festgenommenen Usbeken beantragt. Am Dienstag soll der Verdächtige einem Haftrichter vorgeführt werden, wie die Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte.

Der Mann verlangte zuvor, seinen Pflichtverteidiger durch einen sunnitischen Muslim zu ersetzen. Wie aus einem von der Nachrichtenagentur AFP am Montag eingesehenen Gerichtsdokument hervorgeht, bat der 39-jährige Rachmat Akilow den ihm zugewiesenen Verteidiger Johan Eriksson, sein Mandat niederzulegen.

Nur ein "Anwalt seines Glaubens" könne seine Interessen vor Gericht wirklich vertreten. Der Richter lehnte das Ansinnen jedoch in einer AFP ebenfalls vorliegenden schriftlichen Entscheidung wegen nicht ausreichender Gründe ab.

Illegaler Gastarbeiter

Nach dem Anschlag in Stockholm entsteht nur langsam ein Bild des mutmaßlichen Attentäters. Den dürren Angaben der schwedischen Ermittler zufolge handelt es sich um einen 39-jährigen Usbeken mit Sympathien für die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und andere radikalislamische Gruppierungen, der vor seiner drohenden Abschiebung untergetaucht war.

"Trank und feierte"

Bekannte und Kollegen wissen nur wenig über den vierfachen Familienvater und Bauarbeiter zu berichten: Demnach war er "wenig religiös", "trank und feierte", war aber ansonsten eher "zugeknöpft". Die beiden Zeitungen Expressen und Aftonbladet gaben den Namen des 39-Jährigen mit Rachmat Akilow an. Er kam demnach als illegaler Gastarbeiter aus dem bitterarmen Usbekistan nach Schweden, wo er vorwiegend auf Baustellen arbeitete. "Er kam für die Arbeit nach Schweden, um seiner Familie Geld nach Hause zu schicken", sagte eine Bekannte zu "Aftonbladet".

Eine Frau, die an Akilows offizieller Adresse anzutreffen war, sagte, er habe nicht wie ein religiöser Fanatiker gewirkt: "Er sprach nie über Politik oder Religion. Was ich so mitbekam, betete er auch nicht fünf Mal am Tag."

Pierre Svensson, für den Akilow Ende des vergangenen Jahres mehrere Wochen lang bei einem Asbestsanierungsprojekt in Stockholm arbeitete, beschrieb den Usbeken als sehr zurückhaltend: "Er stach nicht besonders hervor", sagte Svensson der Nachrichtenagentur AFP.

"Er tat seine Arbeit. Ich würde ihn nicht gerade als gesellig beschreiben - wir sagten ihm, was er zu tun hat und das tat er dann", fügte Svensson hinzu. Zudem habe er kaum Schwedisch gesprochen. Als Akilow Anfang des Jahres seinen Job verlor, verbrachte er seine Tage "mit Schlafen und Rauchen", wie ein ehemaliger Kollege berichtete. Ein anderer ehemaliger Arbeitgeber erzählte, der Mann habe einmal angegeben, im Umgang mit Sprengstoff ausgebildet zu sein - das ist allerdings nichts ungewöhnliches in Schweden, da dort wegen des harten Granitgesteins auf Baustellen oftmals Sprengstoff eingesetzt wird.

Propaganda-Videos auf Facebook

Nach Informationen von Aftonbladet veröffentlichte Akilow auf seiner Facebook-Seite Propaganda-Videos des IS und kommentierte eine Aufnahme von blutenden Menschen nach dem Anschlag auf den Bostoner Marathon mit "Gefällt mir".

Nach seiner Festnahme am Freitagabend habe Akilow ausgesagt, er habe "die Ungläubigen niedergemäht", zitierten "Aftonbladet" und "Express" aus dem Polizeiverhör. Er habe sein Ziel erreicht und sei "zufrieden mit dem, was er getan habe". Laut Aftonbladet soll Akilow zudem ausgesagt haben, auf direkte Anweisung der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gehandelt zu haben. Als Motiv gab er an, die "Bombardierung Syriens" müsse enden.

Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt

Nach Polizeiangaben stellte Akilow 2014 einen Antrag auf ständige Aufenthaltsgenehmigung, doch wurde dieser zwei Jahre später abgelehnt. Vor seiner Zwangsabschiebung tauchte er unter, seit Ende Februar wurde er deshalb von der Polizei gesucht.

Stunden nach dem Anschlag in Stockholm wurde der mutmaßliche Täter in Märsta rund 40 Kilometer nördlich von Stockholm festgenommen. Obwohl er verletzt war, war es ihm den Medienberichten zufolge in der allgemeinen Panik nach dem Anschlag gelungen, in die nächste U-Bahn-Station zu flüchten, den Flughafenexpress zu nehmen und am Flughafen dann einen Bus nach Märsta zu besteigen.

Kurze Zeit später wurde er dort am Steuer eines weißen Lieferwagens festgenommen - er hatte sich offenbar an einer Tankstelle derart seltsam verhalten, dass das Personal Verdacht schöpfte und die Polizei alarmierte.

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