Spanien: Sánchez nahm seine Niederlage vorweg

Spanien: Sánchez nahm seine Niederlage vorweg
Ministerpräsident hatte bereits geahnt, dass Linkspartei Unidas Podemos ihn nicht unterstützen werde. Nun ist er tatsächlich gescheitert.

Spaniens amtierender Ministerpräsident Pedro Sánchez ist auch im zweiten Anlauf zur Regierungsbildung im Parlament gescheitert. Der Sozialist verfehlte am Donnerstag die für die Bestätigung in seinem Amt erforderliche einfache Mehrheit. Sánchez hatte bereits vor der Abstimmung erklärt, dass er keine Einigung mit der linksgerichteten Undias-Podemos-Partei erzielt habe.

Er wolle Ministerpräsident sein, aber nicht um jeden Preis. Im ersten Anlauf am Dienstag hatte Sanchez die absolute Mehrheit verfehlt. Im zweiten Wahlgang hätte die einfache Mehrheit gereicht.
 

Die PSOE von Sanchez war aus der Wahl Ende April als Sieger hervorgegangen, hatte die absolute Mehrheit aber klar verfehlt. Sanchez war vor gut einem Jahr mit einem Misstrauensvotum in sein Amt gekommen. Er hat nun Zeit bis zum 23. September, ob er einen weiteren Versuch zur Regierungsbildung unternehmen will. Andernfalls könnten am 10. November Neuwahlen stattfinden. Es wäre die vierte Parlamentswahl in ebenso vielen Jahren.

Spanien droht nach einer neuen Abstimmungspleite eine Wiederauflage der politischen Blockade von 2016.

Medien mutmaßen in Spanien, dass Sánchez die Abstimmungspleiten dieser Woche in Kauf genommen hat, weil er glaubt, dass seine Partei bei einer Neuwahl noch besser als im April abschneiden würde. Da könnte er sich aber irren. Das meinen nicht nur die politischen Gegner des Sozialisten, die - wie der Generalsekretär der konservativen Volkspartei PP, Teodoro Garcia Egea - sagten, Sánchez habe bewiesen, dass ihm "nicht über den Weg zu trauen" sei.

Aber auch einige, die der PSOE nahestehen, glauben, dass die Rechnung nicht aufgehen könnte. PSOE und UP hätten in "höchst unverantwortlicher Form eine historische Chance verpasst", eine progressistische Regierung zu bilden, sagte der Generalsekretär des größten Gewerkschaftsverbandes CCOO, Unai Sordo, und warnte vor einem "grauenvollen Szenario". Er habe mit Wählern beider Lager gesprochen, die wegen der "unseriösen Koalitionsverhandlungen" über eine Abstrafung nachdenken.

Auseinandersetzung wegen Ministerien

Apropos Koalitionsverhandlungen - worum ging es da eigentlich genau? Das Linksbündnis UP, das als viertstärkste Kraft aus der Neuwahl hervorgegangen war, wollte Sánchez keinesfalls ohne Gegenleistung ins Amt verhelfen und hatte auf mehrere Ministerposten gepocht. Schließlich hatten sich beide Seiten auch etwas aufeinander zubewegt. Während Sánchez jedoch nur Ressorts von nebensächlichem Rang offerierte, wollte UP mehr, so vor allem das Arbeitsministerium - das die PSOE aber nicht hergeben wollte.

UP-Chef Pablo Iglesias kritisierte bei einer Rede im Parlament Sánchez' Verhalten als "respektlos" und "schäbig" und betonte: "Wir wollen Kompetenzen, nicht nur Sessel." Ein Podemos-Sprecher wurde noch deutlicher: "Wir wollten das Gästezimmer und haben die Hundehütte angeboten bekommen."

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