Kampf um kritische Rohstoffe: Spanien könnte Europas Vorreiter werden

Unter den Hügeln der spanischen Extremadura liegen große Lithiumvorkommen. Umweltschützer stellen sich gegen Abbaupläne.
In der Nähe des Dorfes Cañaveral im Südwesten der Iberischen Halbinsel ist er begraben: der „weiße Schatz“ Spaniens. Der kleine Ort in der Extremadura liegt am rohstoffreichen Iberischen Gürtel, der sich vom Kantabrischen Meer bis zur Mündung des Guadalquivir erstreckt. Einst wurde hier Zinn gefördert, doch seit den 1980er-Jahren liegt das Bergwerk „Las Navas“ still. Das soll sich nun ändern.
Denn in Cañaveral in der Provinz Cáceres wurde eines der größten Lithiumvorkommen Europas entdeckt. Bald soll das begehrte Leichtmetall – ein Schlüsselelement für die Produktion von Batterien für Elektroautos oder Smartphones – erstmals abgebaut werden. Im März stufte die EU-Kommission das Projekt als „strategisch wichtig“ für die europäische Versorgung mit Bodenschätzen ein.
Rohstoffland
Spanien beherbergt gleich sieben solcher Projekte. Denn das südeuropäische Land verfügt über einige der größten Vorkommen kritischer Rohstoffe auf dem alten Kontinent: neben Lithium u. a. auch über Mangan, Wolfram, Nickel, Kupfer oder Kobalt. Derzeit ist Europa bei diesen zentralen Zutaten für die Energiewende von Lieferungen aus Drittstaaten abhängig, bei dem Leichtmetall Lithium vor allem von China.
Die EU will sich aus diesen Klauen befreien und bis 2030 zehn Prozent der als kritisch eingestuften Rohstoffe in europäischen Minen fördern. Weitere 25 Prozent des Bedarfs sollen durch Recycling gedeckt werden. Dafür stellt die Kommission insgesamt zwei Milliarden Euro an Fördermitteln sowie beschleunigte Genehmigungsverfahren in Aussicht.
Auch die spanische Regierung will Tempo machen und das Land als europäischen Vorreiter in Sachen kritischer Rohstoffe positionieren. Man habe zu lange die Abhängigkeit vom Ausland akzeptiert und die strategische Bedeutung der eigenen Rohstoffvorkommen unterschätzt, heißt es in einem Aktionsplan des Umweltministeriums.
Im ganzen Land will die Regierung nun gezielt nach neuen Lagerstätten suchen und bestehende Minen reaktivieren. Auch neue Recyclinganlagen sollen entstehen. Viele Augen richten sich auf die Grenzregion zu Portugal, wo besonders viele wertvolle Gesteine und Mineralien im Boden liegen. In den kommenden Jahren sind Probebohrungen geplant. Ein neues Bergbaugesetz ist in Arbeit.

Die spanische Umweltministerin Sara Aagesen.
Umstritten
Gleichzeitig versucht das Umweltministerium unter der Feder von Sara Aagesen, die Akzeptanz für diese gesellschaftlich umstrittenen Projekte zu stärken. Ehemalige Bergbauflächen sollen für den Ausbau erneuerbarer Energien genutzt, 400 Millionen Euro in Renaturierungsprojekte gesteckt werden.
In Cañaveral, einer Gemeinde mit knapp über 1.000 Einwohnern, soll Spaniens Lithium-Offensive beginnen. Doch nicht alle Bewohner der Region, in der gleich drei EU-Projekte liegen, sind darüber glücklich. Die geplante Mine spaltet die Bevölkerung: Die einen hoffen auf dringend benötigte Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Aufschwung in der historisch armen Region, die anderen fürchten den Ausverkauf an internationale Konzerne. Der Bergbau im vergangenen Jahrhundert, als die Extremadura im Kalk-, Kupfer- oder Zinnrausch war, hat schließlich auch keinen langfristigen Wohlstand gebracht, klagen viele Bewohner.
Zudem bemängeln viele die Intransparenz bei den Auswahlkriterien der EU: Viele fühlen sich von Madrid und Brüssel bevormundet. Dass etwa eine geplante Lithiummine, die nur wenige Kilometer südlich von Cañaveral in der Provinzhauptstadt Cáceres entstehen hätte sollen, nicht als strategisches Projekt ausgewählt wurde, sorgt für böses Blut.
Kritische Rohstoffe: 34 kritische Rohstoffe hat die EU definiert. Für Batterien werden Lithium, Kobalt und Nickel verwendet. Gallium wird bei Solarpaneelen eingesetzt, Titan und Wolfram in der Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie.
Lithium: Laut der EU dürfte die Nachfrage nach dem Leichtmetall bis 2030 um das Zwölffache steigen.
EU-Gesetz: Mit dem Critical Raw Materials Act soll die Versorgung der Europäischen Union mit kritischen Rohstoffen gesichert werden. Richtwerte für 2030 sind u. a.: 10 Prozent der genannten Rohstoffe sollen in europäischen Minen gefördert werden, 25 Prozent sollen aus dem Recycling stammen.
Am häufigsten jedoch wird die Sorge vor Umweltschäden geäußert: Luftverschmutzung, Lärm, Chemikalien und enormer Wasserverbrauch in einer Gegend, die auch jetzt schon massiv von Hitze und Dürre geplagt ist.
Das zuständige Bergbauunternehmen Lithium Iberia verspricht hohe Umweltstandards und wirbt mit 2.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. In den kommenden 30 Jahren sollen laut Website jährlich 30.000 Tonnen Lithiumhydroxid abgebaut werden, genug für 2,5 Millionen Elektroautos. In drei geplanten Batteriefabriken soll es weiterverarbeitet werden. Eine davon soll in Cáceres entstehen.
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