Slowakei: Neues Puzzleteil in hochpolitischer Mordaffäre
Ganz leicht scheint es nicht zu sein, das Leben als Ex-Elitesoldat in der Slowakei – zumindest in finanzieller Hinsicht. Miroslav M., der sich mit Jobs als Bodyguard oder Wachmann über Wasser hielt, litt an chronischer Geldnot. Umso attraktiver muss für M. die Summe gewesen sein, die man ihm und seinen Kampfgefährten und Freunden laut slowakischen Medien anbot, 70.000 Euro. Was M. dafür tat, hat er nun den slowakischen Ermittlungsbehörden gestanden: Den Mord am Reporter Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova.

Einer der Soldaten bei der Verhaftung
Der Mord im Frühling des Vorjahrs hat die Slowakei nicht nur erschüttert, sondern politisch auf den Kopf gestellt. Nach Massenprotesten mussten Premierminister Robert Fico und Innenminister Robert Kalinak zurücktreten. Mit Peter Pellegrini hat ein Vertrauter von Fico die Regierung übernommen.
Machtverlust
Doch die Macht der linkspopulistischen Regierungspartei SMER ist im Schwinden. Bei den Kommunalwahlen in der Slowakei wurde sie zu Jahresbeginn regelrecht abgestraft. Die Bürgerbewegung „Anständige Slowakei“, die die Massenproteste organisierte, etabliert sich zunehmend als politische Kraft.

Massenproteste in der Slowakei sorgten für politische Erschütterungen
Der bisher größte Erfolg: Die von der Bewegung unterstützte liberale Bürgeranwältin und Umweltaktivistin Zuzana Caputova ist im März zur neuen Staatspräsidentin gewählt worden. Wichtige Geldgeber für Fico und die von ihm weiterhin kontrollierte SMER haben sich inzwischen zurückgezogen und ihr Vermögen ins Ausland verlagert, etwa nach Tschechien. Die Slowakei, so Bianca Balogova, Chefredakteurin der wichtigsten regierungskritischen Tageszeitung SME zum KURIER, befinde sich derzeit an einem Scheideweg: „Werden wir endlich eine echte Demokratie, oder biegen wir in Richtung eines Staates ab, in dem Mafia-Regeln gelten.“
Mafia-Regeln, die den Journalisten Kuciak offensichtlich das Leben kosteten. Denn er hatte sich mit einem der mächtigsten Oligarchen der Slowakei angelegt, dem Unternehmer Marian Kocner. Dieser hatte dem Reporter, als er begann Geschichten über ihn und seine Geschäfte zu publizieren, offen mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht.
Oligarch und Geliebte
Inzwischen ist Kocner wegen des Auftrags zum Mord an Kuciak angeklagt – und die Verbindungen zwischen ihm und dem Auftragskiller M. werden immer klarer.

Als Auftraggeber des Mordes angeklagt: Marian Kocner
Vermittlerin und direkte Auftraggeberin soll Kocners Geliebte Alena Zsuzsova gewesen sein. Das attraktive Ex-Model, das nach slowakischen Medien auch als Prostituierte tätig gewesen sein soll, kontaktierte die ehemaligen Soldaten und bot ihnen den Job an. Doch Zsuzsova hatte nicht nur zu den Killern Kontakte, sondern auch zu einflussreichen Persönlichkeiten. So musste erst kürzlich der slowakische Generalstaatsanwalt zurücktreten, weil er mit ihr zumindest online in Verbindung war. Auch Kocner selbst verfügte über ein gutes Netzwerk in mächtigen Kreisen. Immerhin war Ex-Premier Fico lange sein Nachbar.
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