Showdown in Caracas? López sucht Schutz in Chiles Botschaft

"Interimspräsident" Guaidó zieht einige Soldaten auf seine Seite - Oppositionsführer López aus Arrest befreit.
  • Interimspräsident Juan Guaidó möchte Staatschef Maduro stürzen. Er rief die Soldaten auf, sich ihm anzuschließen.
  • Oppositionsführer Leopoldo López wurde aus dem über ihn verhängten Hausarrest befreit.
  • Die Regierung rief das Volk auf, bei der Abwehr des Putschversuches zu helfen.
  • Sicherheitskräfte gingen mit Trängengas gegen Aufständige vor.
  • Die USA sicherten der Opposition ihre Unterstützung zu.
  • Es kam zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Militär

Der selbst ernannte venezolanische Interimspräsident Juan Guaidó will den sozialistischen Staatschef Nicolás Maduro mit Hilfe des Militärs aus dem Amt drängen. Am Dienstag zeigte er sich gemeinsam mit Soldaten und dem aus dem Hausarrest befreiten Oppositionsführer Leopoldo López. Dieser suchte danach Schutz in der Residenz des chilenischen Botschafters in Caracas. López, seine Frau und seine Tochter seien Gäste in der Residenz der diplomatischen Mission, teilte Chiles Außenminister Roberto Ampuero am Dienstag auf Twitter mit.

Guaidó rief indes zu einem "Marsch ohne Rückkehr" zum Sturz von Maduro auf. Seine "Operation Freiheit" gehe jetzt in die entscheidende Phase, sagte er nahe der Luftwaffenbasis La Carlota in Caracas. "Mutige Soldaten, Patrioten, verfassungstreue Männer haben heute unseren Ruf erhört", sagte Guaidó in einem bei Twitter veröffentlichten Video. "Das Ende der unrechtmäßigen Machtübernahme beginnt heute. Als Interimspräsident von Venezuela, als rechtmäßiger Oberkommandierender der Streitkräfte, rufe ich alle Soldaten dazu auf, sich uns anzuschließen."

Putsch einiger weniger?

Die Regierung hingegen sprach lediglich vom Putsch einer kleinen Gruppe von Soldaten. "In diesem Moment schalten wir eine kleine Gruppe verräterischer Soldaten aus", schrieb Kommunikationsminister Jorge Rodríguez auf Twitter. "Wir rufen das Volk dazu auf, in maximaler Alarmbereitschaft zu bleiben und gemeinsam mit den glorreichen Streitkräften den Putschversuch abzuwehren und den Frieden zu erhalten."

Maduro versicherte, er könne auf die "völlige Loyalität" seiner Militärchefs zählen.  "Nerven aus Stahl! Ich habe mit den Kommandanten (aller Militärzonen) des Landes gesprochen. Sie haben ihre Loyalität zu Volk, Verfassung und Vaterland ausgedrückt. Ich rufe zu einer Mobilisierung des Volkes auf, um den Sieg des Friedens sicherzustellen", schrieb Maduro auf Twitter. "Wir werden siegen."

Die Situation sei unter Kontrolle, versicherten am Vormittag (Ortszeit) auch Regierungsvertreter und Militärs. "In diesem Moment ist die Lage in ganz Venezuela ruhig, einschließlich in Caracas", sagte der Präsident der regierungstreuen Verfassungsgebenden Versammlung und einflussreiche Parteifunktionär Diosdado Cabello. Im Fernsehen war allerdings zu sehen, wie Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen Demonstranten nahe dem Luftwaffenstützpunkt La Carlota vorgingen. Auch der Internet-Service soll laut CNN eingeschränkt sein.

Am Dienstagabend kam es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und regierungstreuen Sicherheitskräften. Vermummte Regierungsgegner griffen am Dienstag gepanzerte Militärfahrzeuge an. Ein Panzerwagen raste in die Menge, wie im kolumbianischen Fernsehsender RCN zu sehen war. Ob dabei Demonstranten verletzt wurden oder ums Leben kamen, war zunächst unklar. Nahe dem Luftwaffenstützpunkt La Carlota schleuderten Demonstranten Steine auf Nationalgardisten auf Motorrädern. Die Sicherheitskräfte feuerten Tränengaskartuschen in die Menge.

Aktuelle Bilder aus Caracas

A military member and a man take cover near the Generalisimo Francisco de Miranda Airbase in Caracas

VENEZUELA-POLITICS-CRISIS

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Military members stand near the Generalisimo Francisco de Miranda Airbase in Caracas

People react to tear gas near the Generalisimo Francisco de Miranda Airbase in Caracas

Opposition supporters take cover near the Generalisimo Francisco de Miranda Airbase in Caracas

People react to tear gas near the Generalisimo Francisco de Miranda Airbase in Caracas

A military member throws a tear gas canister near the Generalisimo Francisco de Miranda Airbase in Caracas

A military member throws a tear gas canister near the Generalisimo Francisco de Miranda Airbase in Caracas

Military members stand guard near the Generalisimo Francisco de Miranda Airbase in Caracas

An opposition supporter waves a Venezuelan flag near the Generalisimo Francisco de Miranda Airbase in Caracas

Militär als entscheidender Faktor

Das Militär gilt als der entscheidende Faktor im Machtkampf in Venezuela. Guaidó hat die Streitkräfte immer wieder dazu aufgerufen, die Seiten zu wechseln - bisher allerdings mit nur geringem Erfolg. Kleinere Aufstände einfacher Soldaten gegen Maduros Regierung wurden bereits mehrfach niedergeschlagen.

Die spanische Nachrichtenagentur EFE meldete, dass vor der Militärbasis La Carlota mindestens eine Person verletzt worden sei. Die genauen Hintergründe seien aber vorerst nicht klar. Zudem gab es Berichte über Schüsse und Tränengaseinsatz bei dem Militärstützpunkt.

Agenten des militärischen Geheimdienstes Kubas sollen die einfachen Soldaten der venezolanischen Streitkräfte kontrollieren und Aufstände und Verschwörungen bereits im Keim ersticken. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Control Ciudadano sitzen in dem südamerikanischen Land 193 Militärs wegen politischer Vergehen in Haft.

"Normalität in den Kasernen"

Verteidigungsminister Vladimir Padrino gelobte der Regierung von Maduro erneut die Treue. "Die Streitkräfte verteidigen die Verfassung und die legitimen Autoritäten", schrieb er auf Twitter. "Alle militärischen Einheiten melden Normalität in ihren Kasernen und Stützpunkten und befinden sich unter der Befehlsgewalt ihrer Kommandanten."

Kurz zuvor hatten Soldaten Oppositionsführer López nach dessen Angaben aus dem Hausarrest befreit. "Militärs haben mich auf Anweisung von Präsident Guaióo befreit", schrieb Lopez auf Twitter. "Alle Venezolaner, die sich Freiheit wünschen, sollen kommen", erklärte López vor Journalisten am Dienstagmorgen (Ortszeit) nahe dem Militärstützpunkt La Carlota. "In diesem Moment sollen alle Venezolaner, mit Uniform und ohne, auf die Straße."

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Der Gründer der Oppositionspartei Voluntad Popular saß seit 2014 in Haft. Damals waren bei Protesten gegen die Regierung mehr als 40 Menschen ums Leben gekommen. Ein Gericht verurteilte ihn wegen Anstachelung zur Gewalt zu fast 14 Jahren Haft. Zuletzt war der Oppositionsführer im Hausarrest. Zahlreiche Regierungen und Menschenrechtsorganisationen sehen in Lopez einen politischen Gefangenen.

Der Generalsekretär der Organisation Amerikaner Staaten stellte sich erneut hinter Guaidó. "Wir begrüßen, dass sich die Soldaten auf die Seite der Verfassung und von Interimspräsident Juan Guaidó gestellt haben", schrien Luis Almagro auf Twitter. "Für eine friedliche Rückkehr zur Demokratie ist breite Unterstützung nötig."

Auch US-Vizepräsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo haben der Opposition ihre Unterstützung zugesichert. "Amerika wird Ihnen beistehen, bis Freiheit und Demokratie wiederhergestellt sind", schrieb Pence am Dienstag auf Twitter. Pompeo schrieb auf Twitter: "Die US-Regierung unterstützt das venezolanische Volk vollkommen in seinem Verlangen nach Freiheit und Demokratie." Demokratie könne nicht besiegt werden, hieß es.

Auch US-Senator Marco Rubio begrüßte die neueste Entwicklung im Machtkampf zwischen Opposition und Regierung. "Dies ist der Moment für die Offiziere des Militärs in Venezuela, um ihren Eid zu erfüllen und den legitimen Interimspräsidenten Juan Guaidó in seinem Bemühen, Demokratie wiederherzustellen, zu unterstützen", schrieb der Republikaner auf Twitter.

Der kolumbianischen Präsident Ivan Duque hat am Dienstag die venezolanische Armee aufgerufen, sich Guaidó anzuschließen. "Wir appellieren an die Soldaten und das Volk Venezuelas, sich auf die richtige Seite der Geschichte zu stellen und die Diktatur und die Usurpation (der Macht durch Präsident Maduro, Anm.) zurückzuweisen", erklärte der kolumbianische Staatschef auf Twitter.

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