Heikles Zusammentreffen der Balkan-Politiker

APA13252894-2 - 16062013 - GÖTTWEIG - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Außenminister Michael Spindelegger (M) zusammen mit dem Premierminister des Kosovo Hashim Thaci (L) und dem Ministerpräsident von Serbien Ivica Dacic (R) am Sonntag, 16. Juni 2013, anl. des Europaforums Wachau im Stift Göttweig. APA-FOTO: PHOTONEWS.AT/GEORGES SCHNEIDER
Spindelegger bringt Serben und Kosovaren beim Europa-Forum in Göttweig zusammen.

Einen Bruderkuss gab es zwischen den Regierungschefs von Serbien und dem Kosovo zwar nicht, aber erstmals kamen sie sich in ungezwungener Atmosphäre auf Stift Göttweig näher. Bei der Ankunft Sonntagmittag nach einem langen Flug von einer UN-Sitzung in New York gab es ein freundliches Handshake. Ivica Dačić und Hashim Thaçi blickten sich in die Augen, Dačić wirkte locker, Thaçi etwas angespannt.

Die ehemals verfeindeten Politiker waren die Gastredner beim traditionellen Europa-Forum Wachau. Eingefädelt wurde diese Begegnung von Außenminister Michael Spindelegger, der den beiden versprach, alles zu tun, um Serbien und Kosovo schneller an die EU heranzuführen. „Hier sind sie unter Freunden, die sie unterstützen“, sagte Spindelegger.

Es war ein heikles Zusammentreffen der beiden Balkan-Politiker nach dem Abkommen zum Nordkosovo, das unter Schirmherrschaft der EU nach 200 Verhandlungsstunden und elf Treffen im April in Brüssel zustande kam. Die Umsetzung dieser Vereinbarung bedeutet für beide Seiten einen großen Schritt Richtung EU.

Serbische Trägheit

Nach den Klängen der Europa-Hymne redete Thaçi als Erster – auf Albanisch. Er berichtete über schwierige Erfahrungen mit den Serben, beklagte sich über „die Trägheit des alten Serbiens und seiner rückwärtsgewandten Kräfte“. Er forderte Belgrad auf, die serbische Minderheit im Nordkosovo vom Abkommen zu überzeugen, ihren Widerstand zu brechen und kosovarische Gesetze anzuerkennen. „Der Kosovo ist die Heimat aller.“ Positiv bewertete Thaçi, dass heute, Montag, Liaison-Büros in beiden Hauptstädten errichtet werden. Botschaften dürfen diese Einrichtungen nicht heißen, so weit sind die beiden noch nicht.

Im Gegensatz zum Serben-Premier nannte Thaçi nicht nur den EU-, sondern auch den NATO-Beitritt als Ziel. „Das ist unsere Vision, der Kosovo ist Teil der euro-atlantischen Beziehungen.“

Anders als Thaçi sprach Dačić weniger von gegenseitigen Schwierigkeiten. „Wir können die Vergangenheit nicht ändern, wir können aber die Zukunft bestimmen.“ Selbstkritisch gab er zu, dass Serbien „mehr Selbstbewusstsein benötigt. Erst wenn wir Teil dieser globalisierten Welt sind, haben wir den Test der Geschichte bestanden“. Eindringlich erinnerte er die EU an ihre Zusage, Serbien ein Beitrittsdatum beim Gipfel Ende Juni zu geben. „Serbien hat keine Zeit, auf die Wahlen in Deutschland zu warten. Wenn sie uns nicht in der EU haben wollen, dann sollen sie uns das ehrlich sagen.“

Bremser Berlin

Berlin ist im Augenblick der größte Bremser gegen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Serbien. „Was sollen wir noch machen, um endlich in das Vorzimmer der EU eingelassen zu werden?“, fragte der Premier. Thaçi gratulierte er zu den bisherigen Gesprächen. „Das ist eine große Ermutigung. Wir müssen ein normales Leben abwickeln. Denn: Gemeinsam sind wir stärker.“

Ein Beitrittsdatum kann Außenminister Spindelegger den Serben nicht geben – das muss einstimmig in der EU beschlossen werden. Als Belohnung verlangte er für die ehemaligen Erzfeinde den Karlspreis. Es ist die höchste Auszeichnung, die die EU zu vergeben hat.

Auf dem Göttweiger Berg mit Blick auf das Donautal haben Thaçi und Dačić gezeigt, dass sie es mit dem Dialog ernst meinen. Sie standen auf der Terrasse des Stiftes, Dačić rauchte eine Zigarre und beim Mittagessen saßen sie am selben Tisch. Auf das Dessert wurde verzichtet, sie zogen ein Vieraugen-Gespräch vor.

Serbien & Kosovo auf dem Weg in die EU

Beitrittsantrag Serbische Regierung stellte am 22. 12. 2009 EU-Beitrittsantrag. Seit 1. 03. 2012 ist Serbien EU-Kandidat ohne Verhandlungen. Belgrad drängt auf konkretes Datum und möchte noch in diesem Jahr mit den Verhandlungen beginnen.

Assoziationsabkommen Die Regierung des Kosovo erwartet sich ein Assoziations- und Stabilitätsabkommen mit der EU. Das ist die Voraussetzung, um eines Tages EU-Beitrittskandidat zu werden. Kosovo will auch eine Visabefreiung für Reisen in die EU.

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