Gericht: Zwangspause für britisches Parlament "illegal"
Ein schottisches Berufungsgericht sieht die von Premierminister Boris Johnson auferlegte Zwangspause des britischen Parlaments als Verstoß gegen das Gesetz.
Die Zwangspause sei "illegal", weil ihr offensichtliches Ziel sei, "das Parlament zu behindern", erklärte das Gericht am Mittwoch in Edinburgh. Die Entscheidung Johnsons sei "null und nichtig", heißt es zum Urteil.
Die Entscheidung des Gerichts bedeutet aber noch nicht, dass die Regierung ihren Schritt zurücknehmen muss. Die britische Regierung kündigte umgehend an, dagegen in Berufung zu gehen. Eine endgültige Entscheidung dürfte nun der Oberste Gerichtshof von Großbritannien, der Supreme Court, treffen.
Geklagt hatten etwa 75 Parlamentarier. Sie sehen in der von Johnson erwirkten wochenlangen Schließung des Unterhauses vor dem am 31. Oktober anstehenden EU-Austritt eine unzulässige Einschränkung des Parlaments. Ähnliche Klagen wurden auch vor Gerichten in London und im nordirischen Belfast eingereicht.
Augen auf Supreme Court gerichtet
Eine Klage in erster Instanz vor dem Court of Session in Schottland war zunächst gescheitert. Auch der High Court in London hatte eine ähnliche Klage zunächst abgewiesen. Der Supreme Court als Höchstgericht dürfte endgültige Klarheit bringen.
Die Parlamentsschließung war in der Nacht auf Dienstag wirksam geworden, bei der Zeremonie war es zu tumultartigen Szenen im Unterhaus gekommen. Abgeordnete der Opposition hielten Protestnoten mit der Aufschrift "Zum Schweigen gebracht" hoch und skandierten "Schande über Euch" in Richtung der Regierungsfraktion.
Parlamentspräsident John Bercow sprach von einem "Akt exekutiver Ermächtigung". Labour-Chef Jeremy Corbyn warf Johnson vor, er schließe das Parlament, um keine Rechenschaft mehr ablegen zu müssen. Die Abgeordneten sollten erst am 14. Oktober wieder zusammentreten.
Angeschlagener Premierminister
Johnson musste in den vergangenen Tagen schwere Niederlagen hinnehmen. Unter anderem war er zwei Mal mit einem Antrag auf Neuwahlen gescheitert. Es gibt damit keine Möglichkeit mehr für eine Neuwahl vor dem geplanten Brexit-Datum.
An ihrem letzten Sitzungstag vor der fünfwöchigen Sitzungspause hatten die Abgeordneten unter anderem für die Herausgabe von Regierungsdokumenten und interner Kommunikation zu der von Johnson auferlegten Zwangspause gestimmt.
An diesem Donnerstag wollte EU-Chefunterhändler Michel Barnier die Fraktionsvorsitzenden des Parlaments über den Stand der Gespräche mit London informieren.
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