"Aktive Verteidigungstaktik": Ukrainische Armee hat Boden gutgemacht

Zusammenfassung
- Die ukrainische Armee hat laut Oberbefehlshaber Syrskyj die russische Sommeroffensive gestoppt und kleinere Geländegewinne erzielt.
- Im Raum Pokrowsk wird eine neue russische Offensive erwartet, nachdem Russland dort Truppen konzentriert hat.
- Russische Vorstöße erfolgen durch Lücken in der ukrainischen Verteidigung, während beide Seiten mit Personalproblemen kämpfen.
Die ukrainische Armee hat nach Angaben ihres Oberbefehlshabers Olexander Syrskyj die russische Sommeroffensive aufgehalten und sogar kleine Geländegewinne erzielt. "Wir haben uns hauptsächlich darauf konzentriert, den Feind aufzuhalten und ihm möglichst große Verluste zuzufügen", teilte der General am Montag auf Facebook mit.
Es sei gelungen, die Lage an gefährdeten Frontabschnitten wie Lyman, Dobropillja und Pokrowsk zu stabilisieren. Durch eine "aktive Verteidigungstaktik" seien im August mehrere Orte und insgesamt 58 Quadratkilometer Land zurückerobert worden, schrieb Syrskyj.
Ukrainische Armee will Dorf zurückerobert haben
Als jüngste Rückeroberung nannte der Generalstab in Kiew das Dorf Saritschne bei Lyman im Gebiet Donezk. Auch ukrainische Militärblogs sehen den Ort in der Hand der Kiewer Truppen. Der Ort ist strategisch wichtig, weil er am Westufer des Flusses Scherebez liegt, der den Vormarsch der Russen in dem Gebiet bremst. Der Blog Deepstate bescheinigte den ukrainischen Soldaten zudem, einen russischen Vorstoß bei Dobropillja weitgehend zunichtegemacht zu haben.
Ausländische Militärbeobachter wie das Institut für Kriegsstudien (ISW) in den USA verzeichnen ebenfalls, dass die russische Armee trotz Übermacht in diesem Sommer keinen großen Durchbruch erzielen konnte. Nach Angaben der ukrainischen Militärführung hat Russland aber starke Kräfte im Raum Pokrowsk zusammengezogen; dort wird eine weitere Offensive erwartet.
Vorstöße durch Lücken in der ukrainischen Verteidigung
Taktik der Russen in diesem Sommer sei es gewesen, mit kleinen Stoßtrupps durch Lücken in der ukrainischen Verteidigung vorzudringen, schrieb Syrskyj. Damit bestätigen sich Berichte, wonach den ukrainischen Bodentruppen vielerorts Soldaten fehlen, um ihre vorderste Verteidigungslinie zu besetzen. Ihrerseits beobachten ukrainische Militärexperten, dass die russische Armee gehäuft mit Deserteuren zu kämpfen hat.
Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als dreieinhalb Jahren gegen eine russische Invasion. Etwa ein Fünftel ihres Staatsgebietes ist von Russland besetzt.
20 Zivilisten bei russischem Angriff getötet
Bei einem russischen Angriff sind nach Behördenangaben aus Kiew mehr als 20 Zivilisten im Osten der Ukraine ums Leben gekommen. Die Menschen hätten gerade auf die Auszahlung ihrer Pension gewartet, als die gelenkte Fliegerbombe eingeschlagen sei, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij auf Telegram. Er forderte eine scharfe Reaktion der internationalen Gemeinschaft.
Der Militärgouverneur Wadym Filaschkin schrieb von 21 Toten und ebenso vielen Verletzten. Die Zahl der Opfer könnte demnach weiter steigen. Die Rettungskräfte seien noch im Einsatz, schrieb Filaschkin. Er rief die Anrainer zur Evakuierung auf. Sie sollten in sicherere Regionen fliehen.
Bombardierung frontnaher Gebiete
Der Vorfall ereignete sich demnach in der Ortschaft Jarowa, nördlich des von ukrainischen Truppen gehaltenen Ballungsraums Slowjansk und Kramatorsk. Jarowa liegt am Fluss Siwerskyj Donez nahe der Front. Die russischen Truppen sind in dem Gebiet nur noch wenige Kilometer entfernt. Ziel der dortigen russischen Offensive ist die nahegelegene Stadt Lyman.
Auf dem von Selenskij veröffentlichten Video sind zahlreiche Leichen zu sehen. Uniformierte sind nicht unter den gezeigten Opfern. Im Osten der Ukraine ist die Infrastruktur - wie Banken - vielerorts zerstört, so dass Pensionisten das Geld persönlich in bar abholen müssen.
"Solche Schläge Russlands dürfen auf keinen Fall ohne eine entsprechende Reaktion der Welt bleiben", schrieb der Präsident. Russland werde weiter töten, wenn ihm nicht Einhalt geboten werde. Selenskij wandte sich explizit auch an die USA mit der Forderung nach schärferen Sanktionen.
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