Putin hat bereits neuen Ministerpräsidenten vorgeschlagen

Putin hat bereits neuen Ministerpräsidenten vorgeschlagen
Russlands Präsident will mit einer Verfassungsreform dem Parlament mehr Macht einräumen - Premier Medwedew erklärte Im Anschluss an die Ankündigung seinen Rücktritt.

Die gesamte russische Regierung unter Ministerpräsident Dmitrij Medwedew hat ihren Rücktritt angekündigt - sie ebnet damit Präsident Wladimir Putin den Weg zu seiner zuvor angekündigten Verfassungsreform.

Um einen Zufall dürfte es sich nicht handeln. Putin hat bereits reagiert und einen neuen Ministerpräsidenten nominiert. Es handelt sich um den Chef der nationalen Steuerbehörde, Michail Mischustin. Das meldeten russische Nachrichtenagenturen am Mittwochabend unter Berufung auf den Kreml. Mischustin habe bereits zugestimmt, hieß es. Es wurde erwartet, dass er als eine Art Übergangspremier arbeiten wird.

Politisch ist Mischustin bisher kaum in Erscheinung getreten. Der 53 Jahre alte Wirtschaftsexperte aus Moskau steht seit 2010 an der Spitze der Behörde. Das Parlament muss den Wunschkandidaten von Putin noch bestätigen. Das gilt jedoch unter Beobachtern als Formsache.

Rücktritt nach Rede

Der Kremlchef hatte ein paar Stunden zuvor in seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt, dass die Rolle des Parlaments und des Premiers aufgewertet werden sollen. Medwedew sagte, dass er Putin damit die Möglichkeit geben will, die nötigen Veränderungen im Land anzustoßen, so der scheidende Premier. Er war im TV gemeinsam mit dem Kremlchef zu sehen; die beiden hatten nach der Rede ein Vier-Augen-Gespräch geführt und waren dann vor die Kameras getreten.

Putin hatte in seiner Rede eine Reform vorgeschlagen, die der Volksvertretung mehr Einfluss einräumen soll - und ihm möglicherweise die Macht über das Jahr 2024 hinaus sichern könnte. Dann darf er als Präsident nicht mehr antreten. Spekuliert wird deshalb, dass er den Premiersposten mit mehr Befugnissen ausstatten will, um dorthin zu wechseln. Seinem Plan zufolge, über den die Bevölkerung noch abstimmen soll, werden die Abgeordneten den Ministerpräsidenten bestimmen, zudem sollen die Kriterien für Präsidentschaftskandidaten verschärft werden und die Macht des Präsidenten beschnitten werden.

Beförderung oder Degradierung?

Medwedew wurde von Putin zum stellvertretenden Chef des Sicherheitsrates ernannt. Dort solle er den Bereich der Verteidigung und Sicherheit verantworten, berichtete Interfax. Chef des Sicherheitsrates ist Putin selbst. Ob es sich bei diesem Posten um eine Beförderung oder Degradierung handelt, ist für Beobachter derzeit unklar - spekuliert wird auch, dass das Amt möglicherweise eine Übergangslösung ist, bis Putin einen einflussreicheren Posten für Medwedew im Zuge der Staatsreform gefunden hat.

Als Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten werden der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin, der bisherige Wirtschaftsminister Maxim Oreschkin und der amtierende Energieminister Alexander Nowak gehandelt. Die nächste Parlamentswahl ist eigentlich für Herbst 2021 geplant, möglicherweise wird sie nun vorgezogen.

Unbeliebter Medwedew

Der 54 Jahre alte Medwedew war von 2008 bis 2012 Präsident Russlands. Danach übernahm der Jurist von Putin den Posten des Regierungschefs. Zudem ist er Vorsitzender der Kremlpartei Geeintes Russland. Medwedew ist in Russland sehr unbeliebt, seine Regierung stand wegen der Wirtschaftskrise im Land unter großem Druck. Seit 2017 gibt es immer wieder Proteste der Opposition, die sich besonders gegen seine Person richten. Der Kremlkritiker Alexej Nawalny hatte mit Recherchen Korruption und Geldanhäufung des Politikers aufgedeckt und die Proteste angestoßen.

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