Russische Menschenrechtsorganisation Memorial erhält Heuss-Preis

Protest vor dem Obersten Gericht in Moskau
Die Stiftung würdigte mit dem Preis den "unbeirrten Kampf für die Menschenrechte".

Nach der gerichtlich erzwungenen Auflösung der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial hat die international bekannte Initiative den Theodor-Heuss-Preis erhalten. Die Mitgründerin Irina Scherbakova nahm die Ehrung am Samstag in Stuttgart entgegen. "Wir können den Machthabern nur die Kraft der Schwachen entgegensetzen", sagte sie einer Mitteilung der Stiftung zufolge. "Aber wir müssen dem Giftnebel, der die historische Wahrheit verdecken soll, auflösen."

Memorial hatte 1989 begonnen, den stalinistischen Terror aufzuarbeiten und ist nun die größte Menschenrechtsorganisation in Russland. Die Stiftung würdigte mit dem Preis den "unbeirrten Kampf für die Menschenrechte".

"Memorial ist unverzichtbar"

Die frühere deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte: "Durch das Verbot sollte Memorial mundtot gemacht werden. Das wird nicht passieren. Memorial ist unverzichtbar." Russlands Präsident Wladimir Putin dürfe die Geschichte "nicht schwärzen".

Kurz vor dem Jahreswechsel hatte Russlands oberstes Gericht die Schließung der Ende der 1980er Jahre unter anderem von Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow gegründeten Menschenrechtsorganisation wegen Verstößen gegen das sogenannte Gesetz über ausländische Agenten verfügt. Memorial weist die Vorwürfe zurück und beklagt politische Verfolgung.

Der undotierte Preis geht auf den ersten deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss (1884-1963) zurück. Die Theodor-Heuss-Stiftung verleiht ihn seit 1965 jährlich. Zu den Preisträgern zählen Philosoph Jürgen Habermas, Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, der Umweltwissenschaftler und Politiker Ernst Ulrich von Weizsäcker, der frühere tschechische Präsident und Schriftsteller Vaclav Havel sowie der bulgarisch-amerikanische Objektkünstler Christo.

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