Die englische Stadt Batley nahe Leeds machte 2016 tragische Schlagzeilen, als ihre Vertreterin im Londoner Parlament, Jo Cox von der Labour Partei, von einem Rechtsextremen ermordet wurde.
Die Erfahrung brachte die multikulturelle Stadt mit einer großen muslimischen Gemeinschaft näher zusammen, hieß es danach. Der Daily Telegraph lobte die „jüngste Geschichte der Toleranz und starken Gemeinschaftsbeziehungen“.
Diese stehen jetzt auf dem Prüfstein. Denn Diskussionen um einen Lehrer, der Schülern im Religionsunterricht einen Cartoon des Propheten Mohammed gezeigt hat (laut Berichten eine Karikatur aus der französischen Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo), hat den Ort in der Grafschaft West Yorkshire wieder ins Rampenlicht gerückt.
Am Donnerstag zeigte die BBC Proteste von Dutzenden Eltern und anderen Kritikern vor der Batley Grammar School, die etwa einem Gymnasium entspricht. Sprechchöre wie „Schämt Euch“, waren zu hören. Verhaftet wurde niemand.
Die Schule entschuldigte sich, suspendierte den Lehrer und kündigte eine Untersuchung an. Ihr Leiter nannte die Verwendung der Karikatur „völlig unangebracht“. Mohammed Shafiq, Chef der muslimischen Organisation Ramadhan Foundation, begrüßte die Entschuldigung, aber kritisierte den „Angriff auf unseren Glauben“ und meinte, der Lehrer hätte 70 Prozent muslimische Schüler gehabt, aber nicht berücksichtigt, welchen „Schmerz“ er verursachen würde. So manche Eltern forderten die Entlassung des Lehrers.
Polizeischutz
Im Anschluss spitzte sich die Lage zu und die Töne wurden schärfer. Nachdem offenbar der Name des Lehrers online erwähnt wurde, stellte ihn die Polizei unter ihren Schutz. Laut Berichten müsse er versteckt gehalten werden. Dann kritisierte die Regierung die Proteste.
Langsam machte sich Angst breit – vor einer Eskalation wie im Herbst in einer Kleinstadt nahe Paris, wo einem Lehrer auf offener Straße die Kehle durchgeschnitten wurde, nachdem er im Unterricht Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte.
Laut des Lehrplans für die Region um Batley sollen Kinder bis zu einer gewissen Schulstufe begründen können, „warum visuelle Darstellungen von Gott und Propheten im Islam verboten sind“. Ob Lehrer Bilder zeigen sollen oder dürfen, ist nicht erwähnt.
„Proteste inakzeptabel“
Der britische Bildungsminister Gavin Williamson sagte, Schulen hätten das Recht, unterschiedlichste Materialien und Ansichten zu behandeln, solange „Respekt und Toleranz zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens“ gesichert seien. „Wir fördern den Dialog von Eltern und Schulen“, sagte er und warnte aber vor Einschüchterungen. „Diese Art des Protests, einschließlich Drohungen und der Verletzung von Coronavirus-Restriktionen, ist völlig inakzeptabel.“
Mohammed Shafiq von der muslimischen Organisation Ramadan Foundation fand diese Kritik aber „alarmierend“ und meinte, sie würde nur „Spaltungen verstärken“. Er forderte „respektvolle Diskussion“.
TV-Bilder zeigten auch am Freitagmorgen wieder Proteste vor der Schule, die daraufhin geschlossen blieb.
Georg Szalai, London
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