Italien: Jetzt soll Napolitano weitermachen

Italian President Giorgio Napolitano waves at the end of a meeting with the "wise men" at the Quirinale palace in Rome in this picture provided by the Italian Presidency Press Office April 12, 2013. The panel of "wise men" named last month to help end the political paralysis gripping Italy since February's inconclusive election proposed a series of economic reforms on Friday. President Napolitano, who named the 10-man group at the end of March said the solution to a stalemate that has left Italy in the hands of a caretaker administration for 45 days depended on parties overcoming their differences. REUTERS/Italian Presidency Press Office/Handout (ITALY - Tags: POLITICS ELECTIONS BUSINESS) ATTENTION EDITORS - THIS IMAGE WAS PROVIDED BY A THIRD PARTY. THIS PICTURE IS DISTRIBUTED EXACTLY AS RECEIVED BY REUTERS, AS A SERVICE TO CLIENTS. FOR EDITORIAL USE ONLY. NOT FOR SALE FOR MARKETING OR ADVERTISING CAMPAIGNS
Nächster Anlauf am Nachmittag. Da sich kein neuer Kandidat findet, könnte der Amtsinhaber verlängern.

Überraschende Wende bei der Suche nach einem neuen Präsidentin in Italien: Der alte könnte der neue sein. Da sich die Parteien auf keinen Kompromisskandidaten einigen können, und die drei Lager für sich alleine chancenlos sind, soll Amtsinhaber Giorgio Napolitano auf Drängen fast aller politischer Kräfte im Amt bleiben und das Land vor dem völligen Chaos bewahren. Der 87-Jährige könnte noch heute im sechsten Wahlgang bestätigt werden, in der Folge das Parlament auflösen und den Weg für Neuwahlen ebnen.

Angesichts der politischen Situation könne er sich nicht entziehen, Verantwortung gegenüber seinem Land zu übernehmen, erklärte Napolitano. Er hoffe, dass die im Parlament vertretenen Parteien dasselbe Verantwortungsbewusstsein beweisen würden. Napolitano ist für den sechsten Wahlgang unumstrittener Favorit, doch bisher ist noch kein Präsident in der republikanischen Geschichte Italiens für eine zweite siebenjährige Amtszeit gewählt worden. Dem neuen alten Staatschef, der sonst zum 15. Mai abgetreten wäre, kommt die schwierige Aufgabe zu, die Regierungskrise im Land zu bewältigen: Im Abgeordnetenhaus hat das Mitte-Links-Bündnis zwar eine Mehrheit, im Senat aber nicht – eine Pattstellung. Es wird Neuwahlen brauchen, um die Führungskrise zu überwinden und wieder Stabilität einkehren zu lassen.

Die einfachste Lösung

Die fünfte Abstimmung war Samstagmittag wie erwartet ergebnislos zu Ende gegangen. Die Parlamentarier des Mitte-links-Blocks und die rechtspopulistische Lega Nord gaben leere Stimmzettel ab. Die Mandatare der Mitte-Rechts-Allianz um Ex-Premier Silvio Berlusconi beteiligten sich überhaupt nicht an dem Urnengang. Der Kandidat mit den meisten Stimmen war der Jurist Stefano Rodotà, Kandidat der Grillo-Protestbewegung "Fünf Sterne", der jedoch mit 210 Nominierungen die absolute Mehrheit von 504 klar verfehlte. Ein weiterer Durchgang ist am Samstagnachmittag angesetzt. Immer klarer kristallierte sich heraus, dass durch Wahlen so schnell kein neuer Präsident gefunden werden kann.

Italien: Jetzt soll Napolitano weitermachen
PD (Democratic Party) leader Pierluigi Bersani casts his ballot during the second day for the presidential election in the lower house of the parliament in Rome April 19, 2013. Italy's centre-left backed former Prime Minister Romano Prodi as candidate for president on Friday, setting up a battle with the centre-right alliance of Silvio Berlusconi and increasing the likelihood of a snap election within weeks.The election of the next head of state to succeed President Giorgio Napolitano, whose term ends on May 15, is crucial to ending a two-month stalemate since a parliamentary poll in February which left no party able to form a government. REUTERS/Max Rossi (ITALY - Tags: POLITICS ELECTIONS)
Also beschloss man, einfach kein neues Staatsoberhaupt zu wählen, sondern das alte im Amt zu belassen. Bis auf die Grillini stimmten dem alle maßgeblichen Parteien zu. Zu weit warItalienschon in die Polit-Sackgasse geraten: Der Chef der Parteienallianz, Pierlugi Bersani, hatte am Samstag den Hut genommen. Jetzt steht das Land weiterhin ohne Regierung und ohne neuen Präsidenten da. Die Linke hat keine Führung mehr, Berlusconi keine Aussicht auf eine Mehrheit, undBeppe Grillobeharrt darauf, keinen anderen Kandidaten zu wählen als den eigenen. Als mögliche Lösung in dem Dilemma erscheint eine Mandatsverlängerung des Amtsinhabers.

Napolitano hatte in den vergangenen Monaten mehrfach abgelehnt, weiterzumachen. Am Samstag empfing er neben dem scheidenden Chef des linken Partito Democratico, Pier Luigi Bersani, unter anderen auch den konservativen ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sowie den regierenden Premier Mario Monti. Zur selben Stunde lief in Rom die fünfte Runde zur Wahl eines neuen Staatschefs, ohne die geringste Aussicht auf einen Durchbruch. Nach den Konsultationen gab Napolitano angesichts der Pattsituation bekannt, sich nun doch erneut zur Wahl zu stellen.

Tiefe Spaltung der Linken

Italien: Jetzt soll Napolitano weitermachen
epa03654119 Romano Prodi, UN Special Envoy for the Sahel during an exchange of views on the situation in the region of Sahel, at the EU parliament headquarters in Brussels, Belgium, 08 April 2013. EPA/JULIEN WARNAND
Die Linke war zuvor im Getriebe der Präsidentenwahlen völlig auseinander gebrochen. Bersani hatte in der schwierigen Suche nach einem neuen Staatspräsidenten den ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi ins Rennen geschickt. Die Kandidatur des als liberal geltenden Politikers war als Signal an die Abgeordneten der Partei des Komikers Grillo gedacht. Doch Bersani brachte Prodi nicht einmal im eigenen Lager durch. Der 73-Jährige erhielt gestern mit 395 Stimmen weit weniger als die erforderlichen 504. Das bedeutet, dass rund 100 Mandatare der Mitte-Links-Allianz, die über 498 Stimmen verfügt, ihrem Boss die Gefolgschaft verweigerte. Offenbar geht eine tiefe Spaltung durch das Bündnis, Bersani zog daraufhin die Konsequenzen.

Noch vor drei Monaten galt er als sicherer Sieger der Parlamentswahlen und als künftiger Premier Italiens mit einem gewaltigen Vorsprung gegenüber seinem Erzrivalen Silvio Berlusconi. Mit über drei Millionen Vorzugsstimmen war er im vergangenen November zum Premierkandidaten des Mitte-Links-Blocks gekürt worden. Nach Jahren auf den harten Bänken der Opposition hatte Bersani fest mit einem Wendepunkt in seiner politischen Karriere gerechnet und auf das Premieramt gehofft. Die Realität sieht anders aus. Fast zwei Monate nach den Parlamentswahlen im Februar sitzt Bersani heute vor einem Scherbenhaufen. Sein Traum, zum Regierungschef Italiens aufzurücken, ist verraucht, seine „Demokratische Partei“ liegt wegen blutiger interner Machtkämpfe in Trümmern.

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