Rechtsruck in Portugal: Warum die Chega so stark zulegen konnte

Portuguese legislative elections 2025
Der konservative Ministerpräsident dürfte weiterregieren. Die Rechtspopulisten könnten erstmals die Sozialisten überholen.

Chega-Chef André Ventura sparte am Sonntag nicht mit großen Worten. „Heute rechnen wir mit der Geschichte ab. Von nun an wird in Portugal nichts mehr wie vorher sein“, rief der Rechtspopulist vor jubelnden Anhängern.  Und: „Wir haben das Zweiparteiensystem im Land getötet.“

Portugal hat am Sonntag ein neues Parlament gewählt, zum dritten Mal in drei Jahren. Als stärkste Kraft bei der vorgezogenen Wahl wurde das konservative Parteienbündnis Aliança Democrática (AD) von Ministerpräsident Luís Montenegro bestätigt.

Wahrer Wahlsieger ist jedoch die rechtspopulistische Chega: Nur sechs Jahre nach ihrer Gründung hat die Partei erstmals die 20-Prozent-Hürde geknackt  – und könnte damit die Sozialisten als zweitstärkste Fraktion im Parlament überholen. Für ein endgültiges Ergebnis sind zwar noch die Stimmen der Auslandsportugiesen ausständig. Ihre Stimmen gehen aber traditionell eher an die politische Rechte.

Welle des europäischen Rechtspopulismus

Der Atlantikstaat, in dem die Sozialisten 2020 noch die absolute Mehrheit erlangten, wurde damit endgültig von der Welle des europäischen Rechtspopulismus erfasst. 

Gerade im Süden – traditionell eine linke Hochburg – legte Chega massiv zu und wurde in vier Wahlkreisen stärkste Kraft. In der Region, die stark vom Tourismus abhängig ist, sind geringe Löhne und prekäre Arbeitsverhältnisse vorherrschend. Dazu kommen ein marodes Gesundheitssystem und eine Wohnungsnot, die weder Sozialisten noch Konservative zu lösen vermochten. Vielen jungen, gut ausgebildeten Portugiesen fehlt die Perspektive.

Ausländerfeindlichkeit

Hardliner Ventura nutzte die Gunst der Stunde, um die zunehmende Migration für die sozialen Probleme verantwortlich zu machen. Mit fremdenfeindlichen Parolen wirbt er u. a. für eine Einwandererquote für das Land, in dem 1,3 Mio. Ausländer legal leben.

Auch mit Hieben gegen die Parteien der Mitte konnte er vor allem Nichtwähler  und Junge mobilisieren. Korruptionsvorwürfe gegen Montenegro und den sozialistischen Ex-Premier António Costa taten ihr Übriges. Wobei auch die Chega zuletzt mit Skandalen auffiel: Gegen drei Abgeordnete wird ermittelt.

Wie geht es weiter?

Werden die Rechtspopulisten nun in Portugal regieren? Aktuell sieht es nicht danach aus. AD-Chef Montenegro beschwor im Wahlkampf mantraartig die Brandmauer gegen rechts. Weil seine Partei die absolute Mehrheit klar verpasst hat – und eine große Koalition mit den Sozialsten als ausgeschlossen gilt – ist eine erneute Minderheitsregierung wahrscheinlich. Unklar ist allerdings, wie sich die Sozialisten nach dem Abgang von Parteichef Pedro Nuno Santos – er zog in der Wahlnacht den Hut – verhalten.

Chega-Chef Ventura dürfte zudem seine Strategie ändern. Drängte er im Vorjahr noch auf eine Regierungsbeteiligung, dürfte er als Oppositionsführer an einer schwachen Minderheitsregierung interessiert sein. Zumal in Portugal Kommunal- und Präsidentschaftswahlen anstehen. „Wir sind fast, fast, fast da“, zeigte er sich zuversichtlich.  „Ich werde nicht aufhören, bis ich Premierminister von Portugal bin.“    

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