Politiker soll Chemnitzer Haftbefehl verbreitet haben

Ein Bremer Abgeordneter soll das Dokument auf Facebook geteilt haben. Wie es überhaupt ins Netz gelangt war, ist noch unklar.

Nach der rechtswidrigen Veröffentlichung eines Haftbefehls im Fall des Chemnitzer Totschlags geht die Bremer Staatsanwaltschaft gegen einen Bremer Bürgerschaftsabgeordneten vor. Der Landespolitiker Jan Timke stehe im Verdacht, den Haftbefehl auf Facebook weiterverbreitet zu haben. „Wir haben einen Hinweis bekommen“, sagte Oberstaatsanwalt Frank Passade am Donnerstag.

Timke ist Bundespolizist und Mitglied der rechten Wählervereinigung "Bürger in Wut". Timkes Dienstverhältnis bei der Bundespolizei ruht, solange er in der Bürgerschaft sitzt. Die Ermittler durchsuchten nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits am Mittwoch die Wohnung des Mannes in Bremerhaven. Darüber hatte zunächst Radio Bremen berichtet. Timke habe den Haftbefehl inzwischen von seiner Facebook-Seite entfernt, sagte Passade.

Jagdszenen in Chemnitz

Am Sonntag war in Chemnitz ein 35 Jahre alter Deutscher durch Messerstiche getötet worden. Ein Iraker und ein Syrer sitzen als Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Nach dem Bekanntwerden der Tat zogen überwiegend rechte Demonstranten durch die Stadt, einige griffen Ausländer an. Es wurde über regelrechte Jagdszenen berichtet.

Chemnitz geriet wegen der gewalttätigen Ausschreitungen global in die Schlagzeilen. Bilder zeigten, wie aus Demonstrationen heraus Ausländer attackiert werden oder sich Menschen mit hochgestreckten Mittelfingern, Hitlergruß und hassverzerrten Gesichtern als Rächer aufspielen.

Wie der Haftbefehl ursprünglich überhaupt ins Internet gelangt war und weiterverbreitet werden konnte, ist weiter unklar. Das teilweise geschwärzte Dokument wurde unter anderem auf Internetseiten der rechtspopulistischen Gruppe Pro Chemnitz, einem Kreisverband der AfD sowie des Pegida-Gründers Lutz Bachmann verbreitet.

Nach Paragraf 353d des Strafgesetzbuches kann mit bis zu einem Jahr Haft oder einer Geldzahlung bestraft werden, wer amtliche Dokumente eines Gerichtsverfahrens - wie einen Haftbefehl - veröffentlicht, „bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist“.

 

Konzert gegen Rechts mit Toten Hosen

Chemnitz bekommt am Montag ein Konzert gegen Rechts unter dem Motto "#wirsindmehr". Dann wollen ab 17.00 Uhr auf dem Platz vor dem Karl-Marx-Monument Die Toten Hosen, die Rapper Marteria & Casper, K.I.Z, Feine Sahne Fischfilet sowie die Lokalmatadoren Kraftklub und Trettmann auftreten. Das Open-Air-Konzert aus der Reihe "Rock am Kopp" ist für Besucher kostenlos.

Wie die zuständige PR-Agentur mitteilte, schlossen sich die Künstler als eine Reaktion auf die "besorgniserregenden Entwicklungen" in Chemnitz in den vergangenen Tagen auf Initiative von Kraftklub für das Konzert zusammen. "All den Menschen, die von den Neonazis angegriffen wurden, wollen wir zeigen, dass sie nicht alleine sind", hieß es in einem gemeinsamen Statement der Musiker. Binnen weniger Stunden nach Bekanntwerden des Auftritts signalisierten bei Facebook bereits Tausende ihre Teilnahme.

Kommentare