Das vorerst letzte Bild von Pedro Castillo zeigt ihn eingepfercht zwischen zwei Uniformierten auf der Rückbank eines Kleintransporters. Bei den Sicherheitsleuten soll es sich um seine Leibwächter gehandelt haben. Auch die stellten sich am Ende eines historischen wie turbulenten Tages gegen den peruanischen Präsidenten, der nicht nur die Macht, sondern auch noch die Freiheit verlor.
Der Tag begann mit einem Paukenschlag: Präsident Castillo eröffnete der verdutzten Öffentlichkeit Mitte der Woche, dass er das frei gewählte Parlament aufzulösen gedenke – wenige Stunden bevor es über einen Misstrauensantrag abstimmen sollte. Doch die Aktion war so schlecht vorbereitet, dass nicht nur seine erschrockene Vizepräsidentin Dina Boluarte, sondern auch nahezu das gesamte Kabinett sofort den Rücktritt erklärte. Der übereinstimmende Tenor: Da machen wir nicht mit.
Nun begann ein Wettrennen gegen die Uhr: Castillo wusste, dass seine Felle davon schwimmen. Er verlor die Abstimmung im Parlament und versuchte, in die mexikanische Botschaft zu fliehen. Vergeblich, auch seine Leibwächter spielten nicht mit und verhinderten die Flucht.
Dabei hatte Castillo seine Amtszeit als ein Hoffnungsträger der Armen begonnen. Den hauchdünnen Sieg in der Stichwahl über die rechtsgerichtete Diktatorentochter Keiko Fujimori verdankte Castillo vor allem den Stimmen aus den ländlichen Regionen, die von der etablierten Politik allein gelassen wurde. Castillos Wahlkampf war holprig, er machte in Interviews haarsträubende Fehler, doch der „Dorfschullehrer“, wie er sich selbst volksnah nannte, kam gut an bei denen, die von der Politik schwer enttäuscht waren. Castillo war definitiv anders als die bis dahin herrschende Elite.
80 Minister getauscht
In 17 Monaten tauschte Castillo Ministerinnen und Minister praktisch im Wochentakt aus, am Ende waren es sage und schreibe 80 verschiedene Kabinettsmitglieder. Es folgten schwere Korruptionsvorwürfe der Behörden gegen Castillo, enge Familienmitglieder und Mitstreiter. Ende Oktober forderte der populäre Kardinal Pedro Barreto: „Der große Gefallen, den er tun könnte, besteht darin, beiseitezutreten.“
Castillos Ende reiht sich nahezu reibungslos in das stets unschöne Nachspiel seiner Vorgänger ein. Rechtsaußen Alberto Fujimori (1999 – 2000) sitzt wegen Menschenrechtsverletzungen im Gefängnis. Alan Garcia (Korruptionsvorwürfe) entzog sich einer Festnahme durch Selbstmord. Auf Alejandro Toledo wartet in Peru eine Haftstrafe von 35 Jahren, wenn er von den USA ausgeliefert wird.
Noch am Nachmittag wurde die bisherige Vizepräsidentin Dina Boluarte im Kongress als neue Staatspräsidentin vereidigt. In ihrer ersten Rede kündigte Boluarte an, nicht die gleichen Fehler wiederholen zu wollen wir ihr Vorgänger. Die erste Frau an der Spitze des Landes muss nun einen Scherbenhaufen zusammenkehren, der ihr von überforderten Vorgängern hinterlassen wurde.
Kommentare