Nord- und Südkorea: Gipfeltreffen zwischen Krieg und Frieden

Moon Jae-in, Kim Jong-un
Die Präsidenten der Bruderstaaten, Aug in Aug an der Waffenstillstandslinie – die Versöhnung im Blick

Ein kleiner Ort an der innerkoreanischen Grenze ist Freitagfrüh, 02.30 Uhr MESZ, der Nabel der Welt. In Panmunjom, wo sonst südkoreanische Propaganda Richtung Norden schallt und sich Soldaten schwer bewaffnet gegenüber stehen, treffen zwei Politiker zusammen, von denen man das noch vor Kurzem nicht erwartet hätte: Südkoreas Präsident Moon Jae-in und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un.

Der bisherige Höhepunkt der Annäherung zweier Bruderstaaten, die auch 65 Jahre nach Ende des Koreakrieges im Kriegszustand verharren, wird in Südkorea bis in die Klassenzimmer live übertragen.

Das Treffen ist bis ins Detail durchinszeniert: Kim wird die Demarkationslinie überschreiten, danach nehmen der Diktator und der demokratisch gewählte Moon im „Friedenshaus“ Platz, genau 2018 Millimeter voneinander entfernt. Das soll die Bedeutung des Treffens ebenso unterstreichen wie das gemeinsame Pflanzen eines aus dem Jahr des Kriegsendes, 1953, stammenden Baumes.

„Neue Qualität“

Doch was ist abseits schöner Bilder und freundlicher Gesten von dem Treffen zu erwarten? Der deutsche Nordkorea-Experte Hartmut Koschyk sieht das Treffen im KURIER-Gespräch als „wichtigen Zwischenschritt“ auf dem Weg zum Frieden.

Hauptziel Nordkoreas sei, einen Friedensvertrag mit dem Süden zu unterzeichnen, die Anerkennung der internationalen Gemeinschaft zu bekommen und wieder an die Weltwirtschaft angebunden zu werden.

Doch dafür verlangen der Süden wie auch die USA eine vollständige nukleare Abrüstung, was für Kim nicht in Frage kommt. Er hat lediglich einen Atomtest-Stopp versprochen.

Nord- und Südkorea: Gipfeltreffen zwischen Krieg und Frieden

Die Grenze in Panmunjom

Was dennoch optimistisch stimme, sei die „neue Qualität“ der Verhandlungen, sagt Koschyk, Ex-Abgeordneter und seit 2002 Vorsitzender des Thinktanks „Deutsch-Koreanisches Forum“. Die Gespräche seien eingebettet in ein verbessertes Engagement der internationalen Gemeinschaft.

„Ein Gipfeltreffen zwischen Kim und Chinas Präsident Xi ist vorangegangen und es wird Ende Mai, Anfang Juni eines zwischen Kim und US-Präsident Trump folgen“, so Koschyk.

„Es wird auch nordkoreanisch-japanische Spitzenbegegnungen geben und auch Russland wird sich zu Wort melden.“

Die internationale Dimension war Präsident Moon ein besonderes Anliegen. Unter anderem als Stabschef des früheren Präsidenten Roh Moo-hyun begleitete er frühere Friedensgespräche – und lernte daraus.

Getrennte Familie

Dass sich der 65-Jährige Ex-Menschenrechtsanwalt für die Versöhnung einsetzt, hat auch persönliche Gründe. Teile seiner Familie wie die Tante mütterlicherseits leben im Norden. 2004 gab es das erste und bisher einzige Wiedersehen.

Moons ambitionierte Politik ist laut Koschyk einer der Gründe, warum sich Nord und Süd zuletzt derart schnell annäherten – wo es doch noch vor einem halben Jahr eher nach Krieg ausgesehen hatte.

„Es gab schon seit Moons Wahl vor einem Jahr Signale an den Norden, dass man die Olympischen Winterspiele für eine Annäherung nutzen wolle.“ Was dann auch passierte. Dazu kam, dass die internationale Gemeinschaft ihren Druck aufrechterhielt und auch China und Russland die Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea stets mittrugen.

Selbstbewusster Kim

Kim Jong-un sehe sich im nuklearen Bereich mittlerweile auf Augenhöhe mit den USA und fürchte keinen Angriff mehr, so Koschyk. Er habe sich zum Ziel gesetzt, sein Land zu entwickeln.

Dafür brauche er Südkorea – und ein Ende der Isolation.

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