Nairobi: Geiselnahme beendet
Die Belagerung des Einkaufszentrums im kenianischen Nairobi scheint nun vorüber zu sein: "Wir haben die Angreifer gedemütigt und besiegt", sagte der kenianische Präsident Uhuru Kenyatta am heutigen Dienstag in einer TV-Ansprache. Bei dem Angriff seien 61 Zivilisten und sechs Sicherheitsbeamte ums Leben gekommen. Fünf Angreifer seien getötet und elf festgenommen worden.
"Unsere Verluste sind immens", sagte Kenyatta mit Blick auf die Zahl der Todesopfer. Zugleich gab er an, dass "mehrere Stockwerke" des Einkaufszentrums bei der am Samstag begonnenen Attacke, die von Anhängern der somalischen Shabaab-Milizen ausgeführt wurde, eingestürzt seien. Kenyatta ordnete in seiner Ansprache auch eine dreitägige Staatstrauer ab Mittwoch an. Medienberichte, wonach unter den Angreifern auch zwei bis drei Amerikaner und eine Britin gewesen seien, wollte er nicht bestätigen.
Die Shabaab-Miliz spricht von weit mehr Opfern des Dramas: 137 Geiseln seien getötet worden, wie die somalische Islamistengruppe selbst über Twitter mitteilte.
Unterschiedliche Darstellungen
Zuvor waren die Darstellungen der Geschehnisse recht unterschiedlich gewesen: Spezialkräfte kämpften am frühen Dienstagmorgen noch mit Angreifern. Es gebe noch Gefechte mit "ein oder zwei" islamistischen Kämpfern, sagten mit dem Einsatz vertraute Sicherheitskräfte. Die Angreifer hielten sich in einem oberen Stockwerk des weitläufigen Gebäudekomplexes in Kenias Hauptstadt auf. Nach Angaben von Augenzeugen waren bei Sonnenaufgang immer wieder Schüsse und Explosionen zu hören.
Unterschiedlichen Quellen zufolge sind zwischen drei und sechs Geiselnehmer getötet worden. Die Detonationen kamen den Sicherheitskräften zufolge von der Beseitigung explosiven Materials, welches von den Terroristen deponiert worden war. Eine Sondereinheit soll diese Aktion durchgeführt haben. Wenige Stunden zuvor hatte das kenianische Innenministerium erklärt, das Einkaufszentrum sei unter Kontrolle gebracht worden.
Britin und US-Bürger unter Geiselnehmern
Kenianischen Regierungsangaben zufolge waren auch mehrere US-Bürger und eine Britin an dem Angriff beteiligt. "Nach unseren Informationen waren zwei oder drei Amerikaner dabei und ich glaube, dass ich von einer Britin gehört habe", sagte die kenianische Außenministerin Amina Mohamed am Montag im US-Sender PBS. Die Frau habe "so etwas schon viele Male getan".
Bei den US-Bürgern handle es sich um Männer im Alter von 18 oder 19 Jahren, sagte Mohamed. Sie stammten aus Somalia oder der arabischen Welt, hätten aber in den USA, unter anderem im Bundesstaat Minnesota, gelebt. Die Beteiligung von Bürgern der USA und Großbritanniens an dem Angriff zeige "die globale Natur dieses Krieges, den wir führen", sagte Mohamed.
Mehrere Extremisten entkommen
Einige der Maskierten, die vor drei Tagen das Einkaufszentrum gestürmt und das Feuer auf Zivilisten eröffnet haben, dürften entkommen sein, wie die New York Times berichtet. Augenzeugen wollen gesehen haben, dass Angreifer die Kleidung wechselten und in der anfänglichen Verwirrung nach draußen liefen. Darunter zwei Frauen, die offenbar eine Führungsrolle bei den Morden gespielt haben.
Bilder: Terror in Nairobi
Hass auf die westliche Kultur und Terror gegen Christen und moderate Muslime - seit Jahren kämpfen radikalislamische Fanatiker in mehreren afrikanischen Ländern für eine rein islamische Gesellschaft. Neben der Sekte Boko Haram in Nigeria ist vor allem die somalische Miliz "Bewegung der Mujaheddin-Jugend", kurz "Al-Shabaab" (Die Jugend), berüchtigt.
Die islamistische Gruppe wurde 1998 gegründet und hat Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida. Noch heute beherrscht sie weite Teile Zentral- und Südsomalias. Ihr Ziel ist eine strenge Auslegung des islamischen Rechts und die Errichtung eines Gottesstaates am Horn von Afrika, der sich an einem weltweiten Heiligen Krieg ("Jihad") beteiligen soll.
Brutales Vorgehen
Die Mitglieder der Miliz haben die Freiheiten der Bürger stark eingeschränkt und gehen dabei oft äußerst brutal vor. Männer dürfen nicht "westlich" aussehen und müssen sich Bärte wachsen lassen. Frauen werden gedrängt, ihre traditionell bunten Gewänder gegen einen dunklen Gesichtsschleier zu tauschen. Alles Westliche - wie Kino oder Fußball - wurde verboten.
Jedoch war es Regierungstruppen zusammen mit Soldaten der Afrikanischen Union (Amisom) bereits 2011 gelungen, die Extremisten größtenteils aus der Hauptstadt Mogadischu zu vertreiben. Ein Jahr später verlor die Miliz zudem die Kontrolle über die strategisch wichtige Hafenstadt Kismayo. An den Kämpfen beteiligte sich auch das Nachbarland Kenia mit Tausenden Soldaten.
Jedoch ist die Al-Shabaab-Miliz, die auch den Kurznachrichtendienst Twitter für Mitteilungen und Bekennerschreiben nutzt, nach wie vor sehr mächtig. Erst vor zwei Wochen waren bei einem Doppelanschlag in Mogadischu 15 Menschen getötet worden. Nun hat die Miliz die Verantwortung für den Terrorangriff auf das Einkaufszentrum Westgate in Kenias Hauptstadt Nairobi übernommen.
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