Dabei veranlasste Palacios' Triumph die Regierung zunächst sogar, ein Kommuniqué mit Glückwünschen zu veröffentlichen. Als jedoch bekannt wurde, dass Palacios 2018 an Protesten gegen das Ortega-Regime teilgenommen hatte, folgte die Kehrtwende. Ein Foto, das sie mit dem nicaraguanischen Musiker Carlos Mejía Godoy bei einem Protestmarsch zeigt, erzürnte die Regierung, die Palacios fortan als "Miss Barrikade" verspottete.
Zu groß scheint nun die Angst, dass die Siegesfeiern - die größten öffentlichen Kundgebungen des Landes, seit die Behörden vor fünf Jahren alle Demonstrationen der Opposition verboten hatten - in eine neue Protestwelle münden könnten. Der ehemalige Guerillakämpfer Ortega ist seit 2007 ununterbrochen an der Macht. Kritiker werfen ihm vor, im Laufe der Jahre einen zunehmend repressiven Regierungsstil entwickelt zu haben. Proteste wurden von den Sicherheitskräften gewaltsam niedergeschlagen. Mehr als 300 Menschen wurden getötet, mehr als 200 inhaftiert. Tausende Nicaraguaner flohen ins Exil, Hunderte Regimegegner wurden ausgewiesen.
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Des Hochverrats beschuldigt
So soll es nun auch der Leiterin der lokalen Miss Universe Nicaragua Organisation, Karen Celebertti, ergangen sein. Nachdem ihr die nicaraguanischen Behörden zunächst die Rückkehr in ihr Heimatland untersagt haben sollen, wurden Celebertti, ihr Ehemann und ihr Sohn laut Medienberichten verhaftet. Der Familie wird "Hochverrat" und "Verschwörung" vorgeworfen. Sie sei an den „terroristischen Handlungen des gescheiterten Putschversuchs“ von 2018 beteiligt gewesen und stehe weiterhin mit „Vertretern des Vaterlandsverrats“ in Verbindung. Sie hätten die Plattform des Schönheitswettbewerbs für „politische Hinterhalte“ nutzen wollen, „die von ausländischen Agenten finanziert werden“.
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Zuvor hatte die nicaraguanische Vizepräsidentin und Ehefrau Ortegas, Rosario Murillo, ein weiteres Kommuniqué veröffentlicht, in dem sie Regimegegnern vorwarf, die Feierlichkeiten zu missbrauchen. Auch dort sprach Murillo von "terroristischen Kommentatoren" und "destruktiven Putschplänen". Kritiker bezeichnete sie als "Vampire" und "bösartige, verrückte, eitle, windige Typen". Palacios wurde nicht namentlich erwähnt.
Rückkehr verboten?
In den sozialen Medien kursiert derweil das Gerücht, die Regierung habe auch deren Rückkehr nach Nicaragua zunächst verbieten wollen, sich dann aber anders entschieden. Bis heute ist die Preisträgerin nicht nach Nicaragua heimgekehrt und hat sich auch nicht öffentlich zur politischen Situation in ihrem Heimatland geäußert. Doch allein ihr Auftritt bei der Miss-Universe-Wahl bestärkt die Menschen. Bei ihrer Krönung trug Palacios ein Kleid in den Nationalfarben Blau und Weiß, was als Solidaritätsbekundung mit der Opposition gedeutet wurde.
Auch die Menschenmassen, die Palacios' Sieg seither bejubeln, schwenken blau-weiße Nationalflaggen, was bei inoffiziellen Anlässen eigentlich streng verboten ist.
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Inhaftierter Anhänger
In der nicaraguanischen Stadt Estelí wurde einem Künstler und Regimekritiker verboten, ein Wandbild von Palacios zu malen. Wie der Spiegel berichtet, ist der Mann seitdem verschwunden. Ein weiterer Anhänger von Palacios sei verhaftet worden. Laut nicaraguanischen Medien sollen Beamte zudem angewiesen worden sein, nicht öffentlich über den Sieg von Palacios zu sprechen.
Palacios stammt aus der nicaraguanischen Hauptstadt Managua und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Dank eines Stipendiums konnte sie an der Zentralamerikanischen Universität in Managua Kommunikationswissenschaften studieren. Die Universität wurde 2018 zu einem Zentrum des Widerstands gegen das Regime und von der Regierung geschlossen. Palacios verkaufte daraufhin Buñuelos, eine Art Süßgebäck.
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