Migration: Österreich soll Ausnahme bei Solidaritätspflicht erhalten
Die EU-Kommission hat am Dienstag einen ersten Schritt zur Einrichtung des "Solidaritätspools" im Rahmen des Migrations- und Asylpakts der EU unternommen und gleichzeitig Österreich und fünf weiteren Ländern eine Ausnahme von der Solidaritätspflicht in Aussicht gestellt. "Solidarität ist keine Einbahnstraße", sagte dazu Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP). Österreich sei zu lange eines der Länder mit der höchsten Pro-Kopf-Belastung an Asylanträgen gewesen.
Wie hoch der Solidaritätspool dotiert sein wird - daraus gilt es in Zukunft den Bedarf von Mitgliedsstaaten unter Migrationsdruck abzudecken - wurde vorerst nicht bekannt. Gemäß den Angaben der EU-Kommission ist der Dotierungsvorschlag auf Basis der Bestimmungen des Pakts nicht öffentlich. Zuerst muss der Europäische Rat den Vorschlag annehmen sowie über die Höhe der Beiträge der Mitgliedsländer befinden. "Sobald der Rat den Beschluss über den Solidaritätspool gefasst hat, werden die Solidaritätsbeiträge der Mitgliedsstaaten öffentlich und rechtsverbindlich sein", hieß es.
Österreich kann Beitrags-Abzug beantragen
In Bezug auf Österreich, Bulgarien, Tschechien, Estland, Kroatien und Polen anerkannte die Kommission auf Grundlage des Europäischen Jahresberichts über Asyl und Migration eine "erhebliche Herausforderung" infolge des in den vergangenen fünf Jahren entstandenen Migrationsdrucks. Diese Länder sollen deshalb berechtigt sein, einen vollständigen oder teilweisen Abzug ihrer Beiträge zum Solidaritätspool zu beantragen. "Wir werden uns auch auf EU-Ebene weiterhin für einen harten Migrationskurs einsetzen", unterstrich Stocker. Dazu zählten Asylverfahren und Rückführungen vor den Toren der EU und keine Verteilung innerhalb der EU. Österreich habe bei den Asylanträgen die Trendwende geschafft und sei auch bei den Rückführunge mittlerweile europäischer Vorreiter.
Griechenland, Zypern sowie Italien und Spanien wurde eine überproportional hohe Anzahl an Migrantenankünften attestiert. Diese vier Länder sollen auf den Solidaritätspool zugreifen können, wenn er dann ab Juni 2026 in Kraft ist. "Es herrscht großer Druck entlang der Mittelmeerroute", stellte EU-Kommissar Magnus Brunner diesbezüglich fest. Zwölf EU-Mitgliedsstaaten - darunter auch Deutschland und Frankreich - erhalten aufgrund ihrer aktuellen Situation vorrangigen Zugang zu Unterstützungsmaßnahmen. Ihre Situation werde je nach Veränderungen beschleunigt neu bewertet. Auf Journalisten-Nachfrage, warum Deutschland anders bewertet wurde als Österreich, betonte Brunner, die Beurteilung sei faktenbasiert erfolgt. Auch Deutschland werde stark vom Migrations- und Asylpakt profitieren.
Darauf angesprochen, ob etwa Polen und Ungarn tatsächlich an der Umsetzung des Pakts mitwirkten, unterstrich Brunner, dass Solidarität flexibel sei. Den Mitgliedsländern stünden Optionen zur Verfügung, die zwingende Aufnahme von Personen sei nicht vorgesehen. Obwohl weder Polen noch Ungarn den nationalen Umsetzungsplan vorgelegt hätten, kooperiere Polen auf Fachebene "sehr gut", so Brunner.
Gleichgewicht zwischen Verantwortung und Solidarität
"Der Pakt für Asyl und Migration stellt ein Gleichgewicht zwischen Verantwortung und Solidarität her", betonte Brunner gegenüber der APA. Österreich werde stark von dieser Reform profitieren, insbesondere durch die neuen Aufgaben der Mitgliedsstaaten an den Außengrenzen. Er erwartete eine erhebliche Entlastung des österreichischen Asyl- und Migrationssystems. Die Kommission erkenne an, dass Österreich in den vergangenen fünf Jahren bereits viel Verantwortung übernommen habe.
"Wir stellen die Kontrolle wieder her über das, was in Europa geschieht", sagte der EU-Kommissar grundsätzlich zum Migrations- und Asylpakt. Es gelte das Vertrauen der Mitgliedsstaaten und das Vertrauen der Bürger wieder herzustellen. Zur Migrationsdynamik stellte Brunner fest, dass diese "auf unserer Seite" sei. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte sei im Jahresvergleich zwischen Juli 2024 und Juni 2025 um 35 Prozent zurückgegangen. Die Mitgliedsländer hätten große Fortschritte in der Bekämpfung der illegalen Migration gemacht und würden zum Start des Migrations- und Asylpakts im Juni nächsten Jahres bereit sein.
Der ÖVP-EU-Abgeordnete Lukas Mandl sprach bezüglich des Migrations- und Asyplakts von einem "Fortschritt für ganz Europa". Mit der Umsetzung des Pakts im Bereich der Solidarität der Mitgliedsstaaten sei es endlich so weit, dass Europa in Sachen Migration geschlossen sei. Österreich habe weit überdurchschnittlich viel geleistet. Daher sei es klar, dass Solidarität bedeute, "dass jetzt andere an der Reihe sind", so Mandl in einer Aussendung.
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