Deutschland drängt auf Reformen in China

Die Kanzlerin ist mit deutschen Unternehmern im Schlepptau in Peking. Auch Soziales steht auf der Agenda.

Wer an China denkt, hat derzeit eher Wirtschaftliches als Soziales im Sinn – so steht auch Angela Merkels Besuch im 1,3-Milliarden-Einwohner-Reich in erster Linie im Zeichen der Zusammenarbeit. Verdeutlicht wird das durch die Entourage Merkels: VW-Chef Martin Winterkorn, Siemes-Chef Joe Kaeser und Airbus-Chef Thomas Enders sind mit dabei.

Am Montag brachte man den Zweck der Reise auch zu Papier: Merkel unterzeichnete Wirtschaftsabkommen in Milliardenhöhe - Volkswagen etwa will zwei neue Werke in seinem wichtigsten Absatzmarkt bauen, der Flugzeughersteller Airbus liefert 100 Helikopter (siehe unten). Man sei „zufrieden mit der Kooperation“, so Merkel nach Gesprächen mit Premier Li Keqiang in der Großen Halle des Volkes in Peking. Merkel mahnte aber auch einen besseren Marktzugang ein, mehr Transparenz und gleichberechtigte Bedingungen für deutsche Unternehmen in China. „Unsere Wirtschaft wünscht sich, dass sie in noch breiterem Maße einen Marktzugang bekommen kann." Deutschland sei seinerseits offen für chinesische Investoren.

"Marktwirtschaft mit chinesischen Charakteristika"

Eine Reihe chinesischer Soldaten in Uniform steht stramm.
epa04303268 A Chinese honor guard is lined up and checked over prior the arrival of German Chancellor Angela Merkel (not pictured)for a welcoming ceremony at the Great Hall of the People in Beijing, China 07 July 2014. Merkel is on a three-day visit to China and is expected to hold talks with Chinese officials to boost ties between the two countries. EPA/KAY NIETFELD
Erstmals tagte in Anwesenheit von Merkel und Li der deutsch-chinesische Wirtschaftsausschuss, der beratende Funktion hat und frühzeitig Probleme in den Wirtschaftsbeziehungen diskutieren soll. Trotz des "Abwärtsdrucks" auf die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt erteilte der Premier neuen Konjunkturmaßnahmen eine Absage.

Er setze vielmehr auf eine "zielgerichtete Steuerung", Reformen, Strukturwandel und die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen, sagte Li. Diese Politik habe schon "Fortschritte" gezeigt und die Wirtschaft im zweiten Quartal stabilisiert. „Marktwirtschaft mit chinesischen Charakteristika“ nennt man das.

Ja zu Reformen bei Menschenrechten

Zugleich betonte Merkel, eine erfolgreiche Entwicklung der Wirtschaft sowie der Menschenrechte und des Rechtsstaats gehörten zusammen. Der seit 2013 amtierende Regierungschef Li sagte hier Reformen zu. China stehe aber vor enormen Herausforderungen und müsse noch 200 Millionen Menschen aus der Armut führen, fügte er hinzu. Merkel und Li betonten, dass die Kontakte zwischen beiden Ländern immer enger würden. So sind im Oktober die dritten bilateralen Regierungskonsultationen geplant. Merkel hob vor allem die neue Breite in den Beziehungen hervor, in denen mittlerweile über alle Themen gesprochen werde. "Wir werden beharrlich daran arbeiten, den Aufbau des Rechtsstaats in China zu fördern", sagte Li und bekräftigte ausdrücklich das Interesse seiner Regierung an dem Dialog mit Deutschland auch über Menschenrechte und rechtsstaatliche Strukturen.

Die Kooperationen

Angela Merkel und ein Mann stehen vor Autos in einer Fabrikhalle.
German Chancellor Angela Merkel (R) and Volkswagen CEO Martin Winterkorn speak as they visit the FAW-Volkswagen production plant in Chengdu, Sichuan province July 6, 2014. Merkel, who is accompanied by a business delegation, is on an official visit to China. REUTERS/China Daily (CHINA - Tags: POLITICS TRANSPORT BUSINESS) CHINA OUT. NO COMMERCIAL OR EDITORIAL SALES IN CHINA
Europas größter Autobauer VW vereinbarte mit seinem chinesischen Partner, dem Automobilhersteller First Automotive Works ( FAW), zwei zusätzliche Standorte in China. Jeweils ein Werk solle in der Hafenstadt Qingdao und der unweit von Peking gelegenen Metropole Tianjian entstehen. Dafür wird jeweils ein Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro angesetzt. Damit steigt die Zahl der VW-Standorte in China auf insgesamt 18.

Der Airbus-Konzern unterzeichnete einen Vertrag über die Lieferung von insgesamt 100 Hubschraubern im Wert von rund 300 Mio. Euro. Wie Delegationskreise versicherten, dienten sie "zivilen Zwecken". 50 Helikopter im Wert von 197 Mio. Euro gehen an Baiyun General Motors Aeronautics, weitere 50 im Wert von 109 Mio. Euro an das Unternehmen Xinmei.

Die AUA-Mutter Lufthansa unterzeichnete eine Absichtserklärung über die Gründung eines weiteren Joint Ventures mit ihrem Star-Alliance-Partner Air China, um mit dem Winterflugplan ab Oktober die bestehende Kooperation im Flugverkehr mit neuen Angeboten und Anschlüssen auszubauen. Beide Airlines wollen künftig Flugtickets gegenseitig anerkennen. Ferner vereinbarte die Deutsche Messe AG, dass China 2015 Gastland der weltgrößten Computermesse Cebit in Hannover wird.

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