Brexit: Einigung auf "rechtlich bindende Änderungen" mit EU

Brexit: Einigung auf "rechtlich bindende Änderungen" mit EU
Für die Auffanglösung für Nordirland soll es nun "rechtliche Garantien" geben. Labour ruft zur Ablehnung des geänderten Deals auf.

Die britische Regierung hat einen Durchbruch bei den Nachverhandlungen mit der EU über das Brexit-Abkommen verkündet. Vize-Regierungschef David Lidington informierte am Montagabend das Parlament in London. Vorher hatte Premierministerin Theresa May in Straßburg noch einmal EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Unterhändler Michel Barnier getroffen.

May habe in den Verhandlungen mit Juncker "rechtlich bindende Änderungen" des Brexit-Vertrags erreicht, sagte Lidington. Details nannte er nicht. In einer gemeinsamen Erklärung von May und Juncker hieß es, dass sich beide Seiten dazu verpflichten, bis Ende 2020 eine Alternativlösung zum umstrittenen irischen Backstop zu finden. Mit diesem Datum endet die Übergangsperiode nach dem Brexit, in der Großbritannien weiterhin komplett an das EU-Recht gebunden ist.

Juncker bestätigt – aber: "Es wird keine dritte Chance geben"

Die Vereinbarung biete Klarstellungen und "rechtliche Garantien" zum Brexit-Abkommen und zum umstrittenen Backstop, schrieb Juncker am Montagabend auf Twitter. May sagte in Straßburg, die Einigung erfülle die Vorgaben des Londoner Parlaments.

Laut einem Schreiben des EU-Kommissionschefs hat die irische Regierung den Brexit-Garantien bereits zugestimmt. Juncker beschwor das britische Parlament, dem Austrittsvertrag nun zuzustimmen. Das Unterhaus soll bereits am Dienstag darüber abstimmen. "Es wird keine dritte Chance geben", sagte Juncker

May traf Juncker

Spannung vor Abstimmung - Labour ablehnend

Mit dem Kompromiss will May sich im Unterhaus doch noch eine Mehrheit für das in London umstrittene Austrittsabkommen sichern. Bis zuletzt galt als wahrscheinlich, dass der mit Brüssel ausgehandelte Deal erneut cheitern wird. Nach tagelangem Stillstand in den Gesprächen mit der EU suchte May mit der überraschenden Reise nach Straßburg den Durchbruch in letzter Minute. Unklar ist, ob dies reicht, um genügend Unterstützung im Unterhaus zu gewinnen.

Auf die Unterstützung der oppositionellen Labour Party kann May nicht zählen. Wenige Minuten, nachdem May in Straßburg den Durchbruch in den Nachverhandlungen mit der EU verkündete, bekräftigte Labour-Chef Jeremy Corbyn seine Ablehnung. Das Unterhaus müsse die von May ausgehandelten Veränderungen zurückweisen, forderte Corbyn. Mays Verhandlungen seien gescheitert, sie habe die versprochenen Veränderungen nicht durchsetzen können.

Wie Lidington sagte, will die britische Regierung dem Parlament zwei Dokumente vorlegen: eine gemeinsame, rechtlich verbindliche Erklärung zum Austrittsabkommen und zum sogenannten Backstop für die irische Grenze. Und eine gemeinsame Erklärung zur Ergänzung der politischen Erklärung, in der Großbritannien und die EU ihre künftigen Beziehungen skizzieren. In letzter Konsequenz könne Großbritannien die Regelung zur irischen Grenze aussetzen, wenn die EU ihre Pflichten verletze.

Unionisten wollen genau prüfen, Skepsis bleibt

Die nordirischen Unionisten kündigten an, den Kompromiss "sehr sorgfältig" prüfen zu wollen. "Wir werden uns die Details anschauen", teilte der Vizechef der Democratic Unionist Party, Nigel Dodds, mit. Der einflussreiche konservative Abgeordnete Steve Baker reagierte skeptisch. Es sei "nicht das erste Mal, dass die Regierung etwas herausgeputzt hat, was letztlich nicht die Erwartungen erfüllt", sagte der am Montagabend der BBC.

Auch EU-Diplomaten äußerten sich zurückhaltend. "Hoffen wir, dass es genug für das britische Parlament sein wird", verlautete nach den Verhandlungen in Straßburg aus EU-Kreisen. Der gefundene Kompromiss sei "irrelevant, wenn sie (May) nicht für die fehlenden Stimmen sorgen kann".

Melanie Sully: "Es wird Abänderungsanträge geben"

Der Backstop ist im Brexit-Streit der Knackpunkt. Das ist die von Brüssel geforderte Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland. Bisher ist vorgesehen, dass Großbritannien so lange als Ganzes in einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist. Doch das lehnen die Brexit-Hardliner in Mays Konservativer Partei ab.

Die EU hatte zuletzt rechtlich bindende Zusicherungen in Aussicht gestellt, dass der Backstop wenn überhaupt nur kurz genutzt werden soll. Außerdem schlug Barnier vor, Großbritannien könne die Zollunion einseitig verlassen, solange Sonderregeln für Nordirland gültig blieben.

Weitere Abstimmungen geplant

Im Fall einer Ablehnung des Vertrags am Dienstag will May die Parlamentarier am Mittwoch über ein Ausscheiden ohne Deal abstimmen lassen. Wird auch das abgelehnt, sollen die Abgeordneten am Donnerstag entscheiden, ob London eine Verschiebung des Brexitsbeantragen soll.

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