May ebnet Weg für Verschiebung des Brexit

May ebnet Weg für Verschiebung des Brexit
Zuvor soll Unterhaus darüber entscheiden können, ob Großbritannien die EU ohne Deal verlässt. Aufschub bis höchstens Ende Juni.

Angesichts der festgefahrenen Lage in der Brexit-Politik hat sich die britische Premierministerin Theresa May zu einer Verschiebung des EU-Austritts bereit erklärt. Ein "kurzer und begrenzter" Aufschub des Austrittsdatums vom 29. März auf spätestens Ende Juni sei möglich, wenn sich bis Mitte März im Unterhaus keine Mehrheit für eine andere Lösung finde, sagte May am Dienstag im Londoner Unterhaus.

Sie wolle sich aber weiterhin darum bemühen, eine solche Verschiebung abzuwenden. Voraussetzung für einen Aufschub sei, dass das Unterhaus sowohl gegen den mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag als auch gegen einen "harten" Brexit ohne Austrittsvertrag stimme, sagte May. In diesem Fall werde ihre Regierung dem Unterhaus am 14. März eine Vorlage zur Verschiebung des Austrittstermins zuleiten. Die Parlamentarier hätten dann das letzte Wort.

"Strebe keine Verschiebung an"

"Ich will klarstellen, dass ich keine Verschiebung anstrebe", sagte May, die in den vergangenen Monaten wiederholt bekräftigt hatte, dass Großbritannien die Europäische Union am 29. März verlassen werde. "Wir sollten uns absolut darum bemühen, ein Abkommen auszuhandeln und am 29. März auszutreten", sagte sie nun.

Mit dem Angebot eines Aufschubs wolle sie auch jenen Abgeordneten entgegenkommen, "die sich aufrichtig sorgen, dass uns die Zeit ausgeht". Sie selbst könne sich vorstellen, auch aus einem Brexit ohne Austrittsvertrag "einen Erfolg zu machen", wollte die Regierungschefin das No-Deal-Szenario nicht aufgeben.
 

Innerparteilicher Druck

May hatte sich in den vergangenen Tagen mit wachsendem innerparteilichen Druck in der Brexit-Frage konfrontiert gesehen. Einem Bericht der Daily Mail drohten 15 Kabinettsmitglieder mit Rücktritt, sollte May weiterhin am 29. März als Austrittsdatum festhalten. Drei bekannten sich öffentlich dazu, im Notfall parteiübergreifend im Parlament gegen May zu stimmen, um einen No-Deal-Brexit abzuwenden: Industrie-Staatssekretär Richard Harrington, Margot James (Digitales) und Claire Perry (Energie). Auch Arbeitsministerin Amber Rudd, Wirtschaftsminister Greg Clark und Justizminister David Gauke gingen bereits öffentlich auf Konfrontationskurs zu May. Sie wollten einen "desaströsen" ungeregelten EU-Austritt verhindern, teilte das Trio mit.

Kritik kam indes von der Opposition. Labour-Chef Jeremy Corbyn nannte Mays Vorgehen "grotesk rücksichtslos". Erst am Montag sprach er sich für ein zweites Referendum über einen EU-Austritt aus. 

Und auch aus den eigenen Reihen waren am Dienstag kritische Stimmen zu hören. Tory-Abgeordneter Jacob Rees-Mogg - vehementer Befürworter des Brexit - sagte gegenüber Sky: "Wenn die Verschiebung den Zweck verfolgt, den Brexit komplett zu stoppen, dann ist das der schwerwiegendste Fehler, den ein Politiker machen kann."

"Verschiebung nur mit konkreten Zielen sinnvoll"

Aus Österreich meldete sich EU-Minister Gernot Blümel zu Wort. Er sieht eine Verschiebung des Brexit nur als sinnvoll an, wenn die Briten damit konkrete Ziel verknüpfen. Er habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das britische Parlament dem Austrittsabkommen im zweiten Anlauf am 12. März zustimme, sagte Blümel am Dienstag im EU-Unterausschuss des Nationalrats.

Theoretisch könne sich so ein geordneter Austritt der Briten noch ausgehen, sagte Blümel. Einer Verschiebung des Brexit zuzustimmen, ohne das klar ist, wofür diese von der britischen Regierung genutzt wird, sei allerdings nicht sonderlich konstruktiv. "Natürlich ist aber am Ende des Tages alles besser als ein harter Brexit." Vom FPÖ-Abgeordneten Markus Tschank auf ein zweites Brexit-Referendum angesprochen, meinte Blümel, dieses wäre grundsätzlich die "allerbeste von allen Lösungen", wenn sich die Briten darin für den Verbleib in der Europäischen Union entscheiden würden. Er habe aber noch keinen einzigen britischen Politiker gehört, der ernsthaft ein zweites Referendum beantragt hätte.

Ringen um Zugeständnisse der EU

Seit dem krachenden Scheitern ihres Brexit-Vertrags im Unterhaus im Jänner hat May seit Wochen erfolglos versucht, die Drohkulisse eines harten Brexit mit womöglich schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen zu nutzen, um Zugeständnisse der EU sowie doch noch eine Zustimmung im Parlament zu erreichen.

Das Unterhaus will am Mittwoch über das weitere Vorgehen beraten und abstimmen. Abgeordnete legen dann Änderungsanträge für das Brexit-Abkommen mit der EU vor, darunter solche, in denen ein zweites Referendum oder eine Verschiebung des Brexit gefordert wird.

Ruf nach Verschiebung des Brexit

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