Massenproteste in Belarus: 60.000 wollen "endlich freie Wahlen"

Massenproteste in Belarus: 60.000 wollen "endlich freie Wahlen"
In Minks gab es die größten Proteste seit Jahren. Unterstützer der Opposition demonstrierten, weil Kandidaten vor der Wahl nächste Woche festgenommen wurden.

So etwas hat Minsk seit Jahren nicht mehr gesehen: Tausende Unterstützer der Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja hatten sich am Donnerstag zu einer Kundgebung versammelt - die Menschenrechtsorganisation Viasna schätzte die Zahl der Teilnehmer auf 34.000, andere Quellen sprachen von bis zu 60.000 Menschen.

Das war, da sind sich alle Beobachter einig, die größte Oppositionsveranstaltung der vergangenen Jahre. Hintergrund sind die Wahlen in Belarus, die am 9. August anstehen - und die Europas letzten Diktator, Aleksandr Lukaschenko, die Macht weiterhin sichern sollen.

Ungeplante Kandidatur

Im Vorfeld des Urnengang waren mehrere Oppositionskandidaten verhaftet worden. Das ist auch der Grund, wieso Tichanowskaja bei der Präsidentschaftswahl überhaupt gegen den autoritär regierenden Amtsinhaber Alexander Lukaschenko antritt. Die Wahlkommission hatte ihren Ehemann, den Blogger Sergej Tichanowski, zuvor mit einem Kandidaturverbot belegt; er war inhaftiert worden.

Tichanowski und der Oppositionspolitiker Mikola Statkewitsch wurden am Donnerstag zudem beschuldigt, mit russischen Söldnern "Massenunruhen" im Land geplant zu haben. Tags zuvor hatten die belarussischen Behörden 32 mutmaßliche Mitglieder der russischen Privatsöldnertruppe Wagner festgenommen. Ihnen wird eine Verschwörung zur Destabilisierung des Landes vor der Präsidentschaftswahl vorgeworfen; ein Narrativ, das die Minsker Führung gerne bedient. Beobachter fürchten sogar, dass die angeblichen Einmischungsversuche Russlands als Vorwand dienen könnten, um die Wahlen zu verschieben oder ganz abzusagen.

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"Wir wollen ehrliche Wahlen"

Die Behörden ruinierten nicht nur das Leben ihres Mannes, sondern das aller politischen Gefangenen, sagte Tichanowskaja auf der Kundgebung. Die 37-Jährige bestritt, dass die Opposition mit Russland zusammenarbeite, um einen Aufstand auszulösen. "Leute, was für eine Revolution? Wir wollen ehrliche Wahlen", sagte die Politikerin.

Lukaschenko, der seit 1994 autoritär regiert, bewirbt sich um seine sechste Amtszeit. Die Behörden in Belarus gehen heuer ebenso wie in den Jahren zuvor massiv gegen die Opposition vor - Lukaschenko ließ mehrere potenzielle Präsidentschaftskandidaten inhaftieren.

Die Ergebnisse der vergangenen vier Präsidentschaftswahlen wurden von den Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wegen Betrugs und Einschüchterungen nicht anerkannt.

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