Kinderhilfe in Malawi: Ein Brei, der Schüler satt und stark macht
Gleich wenn man den Flughafen von Blantyre, der zweitgrößten Stadt Malawis, verlässt, steht da ein riesiges, rostiges Reklameschild. Man kann nicht schreiben, dass es schon bessere Zeiten gesehen hätte, weil es schon bei seiner Montage keine besseren Zeiten gegeben hat. Die orkanartigen Regenstürme, gefolgt von lang anhaltender Dürre, haben dem Land und dem Reklameschild arg zugesetzt, aber nichts war auch nur annähernd so schlimm wie der Zyklon, der 2023 über das Land fegte und mitten hinein in diese schwer verwundete Landschaft in Afrika eine weitere Spur der Verwüstung grub.
Noch steht das Reklameschild, noch kann man da in großen Lettern „LUXURY YOU CAN TASTE“ lesen, aber man spürt, dass es den nächsten Regensturm nicht überleben wird. „LUXURY YOU CAN TASTE“ – irreführender kann ein Werbespruch nicht sein. Malawi ist das viertärmste Land der Welt. 70 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze, der frühe Tod ist hier ein vertrauter Bestandteil des Lebens.
Trügerischer Schein: Die Fahrt ins Herz von Malawi
Dann geht die Fahrt weiter vom Flughafen in das Zentrum von Blantyre. Zuerst deutet nichts auf den desolaten Zustand des Landes hin: Geschäfte, Restaurants, Autowerkstätten, an den Straßenrändern werden Fahrräder repariert und Bananen angeboten. Zehn Minuten später springt einem die Wahrheit ins Gesicht: Häuser sind Hütten gewichen, die asphaltierte Straße mit unzähligen Schlaglöchern hat sich in brüchigen Lehmboden verwandelt – und dann ist erst einmal so gut wie nichts.
Weit in der Ferne winzige, mittelalterlich anmutende Gestalten, die alle paar Hundert Meter mit einer Harke in den Boden schlagen. Unendlich langsam trotzen diese Figuren dem spröden Untergrund ein paar Meter Acker ab. „Früher war es besser“, sagen die Bauern. Was sie damit meinen, ist, dass es früher keinen Klimawandel gegeben hat und dass der Mann in Amerika, der diesem Phänomen keinen Glauben schenkt, die Hilfsgelder gekürzt hat.
Nun werden die Straßen zu Wegen und auch die Wege haben diese Bezeichnung nicht verdient. Der alte Bus mit den Passagieren aus Österreich ächzt und wimmert, neben uns schieben dürre Gestalten Fahrräder mit riesigen, voll gefüllten Plastiksäcken bergauf – und plötzlich passiert etwas Seltsames.
Ein kleines Kind geht raschen Schrittes vor sich hin, am Körper trägt es eine zerschlissene Schuluniform, in den Händen einen alten Plastiksack und einen Becher. Dann sind es zwei Kinder, zwanzig Kinder – und plötzlich strömen hunderte Kinder auf ein unbekanntes Ziel zu.
Brei für 1,3 Millionen Schulkinder
Vor 23 Jahren erreicht den schottischen Fischzüchter Magnus McFarlane-Barrow ein Hilferuf. Eine Bekannte aus Malawi schreibt ihm, dass man helfen müsse – jetzt helfen müsse – sonst sei es zu spät. Er fährt nach Malawi und entwickelt ein Hilfsprojekt, das in seiner Einfachheit nicht zu überbieten ist. Mit Spenden werden Getreide, Mais oder Bohnen gekauft, zu den Schulen gebracht, dort von freiwilligen Helfern der umliegenden Dörfer, die selbst das Brennholz sammeln, zu Brei verarbeitet und an die Kinder verteilt.
Zuerst waren es zweihundert Kinder, dann zwanzigtausend, zweihunderttausend – und heute sind es 1,3 Millionen, ein Drittel der Schulkinder von Malawi. „Mary’s Meals“, wie diese Hilfsaktion heißt, verbindet Nahrung und Ausbildung. Nur wer in die Schule kommt, kann mit dem Brei versorgt werden. Es ist oft für acht Jahre lang die einzige tägliche Nahrung, die das Überleben sichert. Das Beispiel hat Schule gemacht: Weltweit versorgt „Mary’s Meals“ drei Millionen Kinder in 17 Ländern.
"Zuhause gibt es nichts zu essen"
Und dann sehen wir auf einmal die Schulhäuser und unter dem Baum ein Meer von kleinen, blauen Gestalten. Es sind 1.500 Kinder in Schuluniformen, die auf die Essensausgabe und das Auto warten. Als der Bus hält, bricht ein Orkan los: Die Kinder singen, tanzen und lachen; es gibt nicht viele Anlässe zur Freude, aber wenn so ein Moment gekommen ist, gibt es kein Halten.
Kinder in Malawi.
Die Kinder wissen nicht, wer da im Bus sitzt, was sie machen oder tun. Es sind seltsame Geschöpfe mit seltsamen Hüten und seltsamer Kleidung, aber sie bringen Abwechslung in den Alltag. Man freut sich über sie und mit ihnen.
„Hast du heute schon zu Hause gefrühstückt?“, wird ein kleines Mädchen, das sich in einer langen Reihe für den Brei angestellt hat, gefragt. Es schüttelt den Kopf – und als wir naiv nachfragen, wieso nicht, flüstert es: „Zuhause gibt es nichts zu essen.“
Dieser Artikel kam in Kooperation mit "Mary's Meals" zustande. Für 22 Euro im Jahr versorgt die Organisation ein Kind in Afrika täglich mit Nahrung und Bildung.
Spendenkonto:
Mary's Meals
IBAN: AT81 3288 0000 0434 7779
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