Madrid: Die katalanischen Separatistenführer stehen vor Gericht

Madrid: Die katalanischen Separatistenführer stehen vor Gericht
Vor dem Gerichtsgebäude herrschte ein riesiger Andrang. Die Vorwürfe umfassen Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung.

Vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid hat am Dienstag der Prozess gegen zwölf führende Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung begonnen. Neun von ihnen, darunter dem einstigen Vize-Regionalpräsidenten Oriol Junqueras, drohen wegen der versuchten Abspaltung ihrer Region von Spanien langjährige Haftstrafen wegen "Rebellion".

Die Angeklagten, von denen einige seit Monaten in Untersuchungshaft sitzen und die alle Vorwürfe vehement zurückweisen, nahmen in dem überfüllten Gerichtssaal auf vier Bänken gegenüber der Richterbank Platz. Der Prozess ist auf drei Monate angesetzt und wird live im Fernsehen übertragen.

Rajoy im Zeugenstand

Hunderte Zeugen sollen gehört werden, unter ihnen Spaniens konservativer Ex-Ministerpräsident Mariano Rajoy. Zur Berichterstattung sind 600 Journalisten aus dem In- und Ausland akkreditiert. Am ersten Prozesstag sollte es zunächst nur um Verfahrensfragen gehen. Mit einem Urteil wird nicht vor Juli gerechnet.

Puigdemont wählte Flucht ins Exil

Dem früheren Regionalpräsidenten Carles Puigdemont, der von Madrid abgesetzt worden war, bleibt nach seiner Flucht ins Exil ein Prozess erspart. Er äußerte sich am Mittag bei einer Pressekonferenz in Berlin und forderte dort den Freispruch aller Angeklagten.

"Für uns ist das keine Rebellion, Urnen aufzustellen", sagte er mit Blick auf das von ihm im Jahr 2017 angesetzte Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens, das den Konflikt zwischen Madrid und Barcelona hatte eskalieren lassen. Der juristische Vorwurf der "Rebellion" umfasse Gewalt - "mit Waffen", hob Puigdemont hervor.

Puigdemont sprach von einem politischen Prozess in Madrid und nannte den Ausgang des Verfahrens einen "Test" für die spanische Demokratie und den spanischen Rechtsstaat. "Die katalanische Frage zu lösen, geht nicht über die Justiz, über die Richter, über Polizisten", sagte er weiter. Dies gehe nur über die Politik und über einen Dialog.

Puigdemont erklärte 2017 Loslösung von Spanien

Der Streit um Kataloniens Unabhängigkeitsbestrebung Kataloniens war im Oktober 2017 eskaliert, als der damalige Regionalpräsident Puigdemont einen von der spanischen Justiz als illegal eingestuften Volksentscheid organisierte und danach die Loslösung von Spanien erklärte.

Die damalige spanische Zentralregierung unter Rajoy stellte die Region daraufhin unter Zwangsverwaltung, setzte Puigdemont als Regionalpräsident ab und ließ mehrere Unabhängigkeitsbefürworter inhaftieren.

Lang gespalten

Der Prozess gegen die Katalanen spaltet nun erneut das Land. Die höchste Strafe von 25 Jahren Gefängnis wegen "Rebellion" und Zweckentfremdung öffentlicher Gelder verlangt die Staatsanwaltschaft für den ehemaligen stellvertretenden Regionalpräsidenten Junqueras.

Die zweithöchste Strafe von 17 Jahren Haft fordert sie für die ehemalige Präsidentin des katalanischen Regionalparlaments, Carmen Forcadell, sowie für die Chefs zweier Unabhängigkeitsbewegungen, Jordi Sánchez und Jordi Cuixart.

In Madrid versammelten sich am Dienstagmorgen führende katalanische Politiker zu einer Protestkundgebung, darunter Regionalpräsident Quim Torra, der im Prozess auf der Zuschauerbank saß. In Barcelona haben Unabhängigkeitsbefürworter für den Abend (19.00 Uhr MEZ) zu Protesten aufgerufen.

Das sogenannte Verteidigungskomitee der Republik (CDR) organisierte am Vormittag in Katalonien bereits mehrere Straßenblockaden, Aktivisten blockierten unter anderem die Autobahn A9 zwischen Girona und Barcelona.

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