Macrons Kandidatin für EU-Kommission muss in zweite Anhörung
Wegen anhaltender Zweifel an ihrer Eignung für den Posten des EU-Binnenmarktkommissars muss sich die Französin Sylvie Goulard einer zweiten öffentlichen Anhörung im EU-Parlament stellen. Die Kandidatin des französischen Präsidenten Emmanuel Macron habe bisher nicht überzeugen können, hieß es am Mittwoch nach einem Treffen von Vertretern der zuständigen Ausschüsse Binnenmarkt und Industrie.
Die zweite Anhörung solle am morgigen Donnerstag stattfinden. Bedenken gegen Goulard gibt es unter anderem wegen Ermittlungen der EU-Anti-Betrugsbehörde Olaf und französischer Behörden. Sie beschäftigen sich mit der Frage, ob Goulard einen früheren Mitarbeiter zeitweise zu Unrecht vom EU-Parlament bezahlen ließ.
Zudem wird im Europaparlament kritisch gesehen, dass Goulard in ihrer Zeit als Europaabgeordnete eine hoch dotierte Beratertätigkeit für eine Denkfabrik des Investors Nicolas Berggruen ausübte. Wegen der Affäre um Scheinbeschäftigung war Goulard 2017 als französische Verteidigungsministerin zurückgetreten.
Inhaltlich überzeugend
"Der Grundsatzkonflikt, warum man bei Olaf-Ermittlungen keine französische Ministerin sein kann, aber wohl EU-Kommissarin", sei bisher nicht aufgelöst, kommentierte Angelika Niebler (CSU) als Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament am Mittwoch. Eine Entscheidung zu Goulard könne es erst nach der zweiten Anhörung geben. Die ÖVP-Europaabgeordnete Barbara Thaler erklärte, eine zweite Anhörung sei unumgänglich, wenn Goulard diese Zweifel ausräumen wolle. Inhaltlich habe sie durchaus überzeugt.
Die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini hatte sich bereits vor der Entscheidung für die zweite Anhörung ähnlich geäußert. Fragen zur finanziellen Integrität Goulards seien weiter offen, kommentierte die deutsche Politikerin. Zudem müssten auch Antworten zum Umgang mit dem "Dieselgate"-Skandal als unzureichend bewertet werden.
Sollte Goulard nach der zweiten Anhörung am Donnerstag vom EU-Parlament abgelehnt werden, müssten sich Macron und die künftige EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf einen anderen Kandidaten verständigen. Eigentlich soll die neue EU-Kommission bereits am 1. November ihre Arbeit aufnehmen.
Goulard kommt aus demselben politischen Lager wie Frankreichs Präsident Macron. Sie ist als eine Art "Super-Kommissarin" unter der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit den Zuständigkeitsbereichen Industriepolitik, Binnenmarkt und Verteidigungsindustrie vorgesehen.
Kommentare