Wegen neuer Wagenknecht-Partei: Carola Rackete soll die Linke retten
Weil Parteiikone Sahra Wagenknecht ihr eigenes Projekt verfolgt, sucht die trudelnde Linkspartei ihre Rettung in der Nominierung der umstrittenen Seenotretterin. Glücklich damit sind in der Partei nicht alle.
Seit Monaten kokettiert Linken-Ikone Sahra Wagenknecht mit der Neugründung einer eigenen Partei – einer „rechteren“ Linken, wenn man so will: Die Partei soll wirtschaftspolitisch linke Ideale vertreten, gesellschaftspolitisch aber rechts stehen – etwa in Asylfragen.
Für die Linkspartei, der Wagenknecht noch angehört, führt das seit Monaten zu einer Zerreißprobe. In Umfragen schafft die einst vor allem im Osten starke Partei bundesweit nicht mal mehr die Fünf-Prozent-Hürde; dazu haben beide Fraktionschefs wegen des Dauer-Gezerres um Wagenknecht angekündigt, ihre Jobs niederlegen zu wollen - Nachfolger fanden sie bisher keine.
Bei der im kommenden Jahr anstehenden EU-Wahl will die trudelnde Partei darum mit einem Gegengewicht zu Wagenknecht punkten: Als Spitzenkandidatin soll Carola Rackete ins Rennen gehen. Sie hat sich als streitbare Seenotretterin einen Ruf erarbeitet, der nicht gerade auf den Mainstream zielt.
Polarisierende Persönlichkeit
Ob das aufgeht? Eines hat die 35-Jährige jedenfalls mit Wagenknecht gemein: Sie polarisiert massiv. Bekannt wurde Rackete, als sie sich 2019 als Kapitänin des Seenotrettungsschiffes „Sea Watch“ mit Italiens damaligem Innenminister Matteo Salvini anlegte. Ihr Schiff hatte 53 Menschen vor der Küste Libyens gerettet und musste danach wochenlang am Mittelmeer herumirren, da Rom zu der Zeit eine „Politik der geschlossenen Häfen“ gegenüber NGOs verfolgt hatte. Rackete ließ er Schiff nach langem medialen Hin und Her dennoch anlegen, wurde dafür aber kurzzeitig unter Hausarrest gestellt.
Dass Salvini sie danach als „reiche und verwöhnte deutsche Kommunistin“ und als "Gesetzlose, Komplizin von Schleppern, potenzielle Mörderin, Kriminelle und Piratin" beschimpfte, hat bis heute ein Nachspiel. Rackete verklagte den Lega-Politiker wegen übler Nachrede.
Dazu kommt, dass Rackete auch innerparteilich nicht unumstritten ist. Zores gab es, weil die Parteiführung die Kandidatur der Parteilosen an der Spitze des EU-Parlamentsteams verkündet hat, ohne die Gremien offiziell damit zu befassen – die Nominierung ist nämlich erst im November vorgesehen. Parteikollegen sprachen darum von einer „politischen Geisterfahrt“ der Linken-Führung sowie „einem Geschenk an die AfD“ und wohl auch für Wagenknecht.
Letztere Kritik meint vor allem die Themen, für die Rackete steht - also die Asylfrage. Die finden sich auch im am Montag präsentierten Wahlprogramm wieder: Neben der Vier-Tage-Woche, kostenlosen Öffis oder einer europäischen Kindergrundsicherung fordert die Partei jetzt auch eine „öffentliche Seenotrettung“.
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