Kritik am Kohleausstiegsplan: "Zu wenig Klimaschutz"

Kohlekraftwerke stehen wegen ihrer hohen CO2-Emissionen in der Kritik.
Debatte in Deutschland: Ehemalige Mitglieder der Kohlekommission werfen der Regierung Wortbruch vor

Es war ein Ringen um Kohle, Gigawatt und viel Geld: Vergangene Woche verkündete die deutsche Regierung eine Einung beim Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung: Kabinett und die Ministerpräsidenten der betroffenen Regionen haben sich auf einen Fahrplan geeinigt. Oder vielmehr auf einen Kompromiss, der Milliardenbeträge für die Länder und Betreiber vorsah und eine Zahl: 2038 soll spätestens Schluss sein mit der Stromgewinnung aus Kohle. Die Betreiber will man finanziell entschädigen – für vorzeitiges Abschalten mit 4,35 Milliarden Euro. Laut Energiekonzern RWE wäre der finanzielle Schaden aber größer, bis 2030 würde man 6000 Arbeitsplätze verlieren. Für die "Kohlekumpels" soll bis 2043 ein sogenanntes Anpassungsgeld gezahlt werden. Die betroffenen Bundesländer bekommen etwa 40 Milliarden Euro für  den Umbau ihrer Wirtschaft.

Einige Mitglieder der einst von der Regierung einberufenen Kohlekommission wenden sich aber gegen diese Pläne: Denn was Kommission und Bundesregierung vereinbart hatten, habe die Politik in ihrer Abmachung mit den Ländern nicht umgesetzt. Das Ergebnis sei "ein gänzlich anderes", so die ehemalige Co-Vorsitzende der Kommission, Barbara Praetorius. "Der Klimaschutz kommt zu kurz."

Kritik am Kohleausstiegsplan: "Zu wenig Klimaschutz"

Ehemalige Mitglieder der Kohlekommission üben Kritik an der Regierung; darunter Barbara Praetorius (Mitte)

Schreiben an die Kanzlerin

So ähnlich steht es in dem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel, das sie und ihre Mitstreiter verfasst haben – darunter Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber und der Energieexperte Felix Matthes sowie Vertreter der Umweltverbände. Was ihnen sauer aufstößt, machten sie gestern auf einer Pressekonferenz deutlich: Nach dem Fahrplan der Regierung komme es zwischen 2023 und 2028 nur zu wenigen Kraftwerksschließungen - erst kurz vor den Stichjahren 2030 und 2038 wolle man sie abdrehen. Laut Energieexperten Matthes führe das zu Mehremissionen von etwa 40 Millionen Tonnen CO2 und zu "starken Brüchen", die für den Strommarkt schwer zu verkraften seien. Der Bund und die Länder würden damit die eigenen Warnungen vor Gefahren in puncto Versorgungssicherheit ignorieren.

Demnächst soll sogar ein neues Kraftwerk ans Netz gehen: Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen (NRW). Das verstoße gegen die Vereinbarung, keine neuen Kohlekraftwerke ans Netz zu nehmen. Ebenso kritisieren sie, dass im Gebiet der Tagebaus Garzweiler II (NRW) weiter Dörfer abgebaggert werden und der Hambacher Forst nur teils erhalten bleibt. Überhaupt fehlt ihnen der Plan, wie Deutschland bis 2030 auf einen Anteil an 65 Prozent erneuerbarer Energie kommen will.

 

Kritik am Kohleausstiegsplan: "Zu wenig Klimaschutz"

Datteln 4 soll demnächst ans Netz gehen.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verteidigte das geplante Kraftwerk. Es sei besser, alte, die viel mehr pro Tonne ausstoßen, stillzulegen und dafür Datteln 4 ans Netz zu nehmen. Der Betreiber habe Rechtsanspruch darauf, das Kraftwerk in Betrieb zu nehmen. Andernfalls wären milliardenschwere Entschädigungen zu zahlen gewesen. Kritik kommt auch von den Grünen, sie fordern eine Nachbesserung am Kohleausstiegsgesetz. Viel Zeit bleibt nicht, es soll am 29. Jänner vom Kabinett verabschiedet werden. SLUM

 

Kommentare