IAEA besorgt über Abbruch der Datenübermittlung aus AKW Saporischschja
Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hat sich Mittwochabend besorgt wegen des Abbruchs der automatischen Datenübertragung aus dem von russischen Truppen eingenommenen Atomkraftwerk Saporischschja gezeigt. Am Vortag war bereits die Verbindung mit den Überwachungsgeräten im ehemaligen ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl abgebrochen. An beiden Standorten lagerten große Mengen an Kernmaterial in Form von abgebrannten oder frischen Kernbrennelementen, erklärte die IAEA.
Derzeit keine Gefahr für Österreich
Zuvor hatte es geheißen, die Strom-Notabschaltung im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl bedeutet keine Gefahr für Österreich. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigte die Möglichkeit einer Freisetzung von radioaktivem Material nicht, berichtete die Strahlenschutzabteilung des Klimaschutzministeriums in Wien.
Zuvor hatte die Ukraine eine Feuerpause von Russland gefordert, um die Stromleitung zum AKW reparieren zu können, weil ansonsten radioaktive Strahlung austreten könnte. Das postete der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter.
Nach ukrainischen Angaben wurde eine Stromleitung zwischen Kiew und Tschernobyl gekappt. Das russische Verteidigungsministerium warf den Ukrainern eine "sehr gefährliche Provokation" vor: "Nationalisten" hätten das Umspannwerk und die Stromnetzanlagen attackiert, sagte Vizeverteidigungsminister Nikolai Pankow. Russische Spezialisten hätten aber unverzüglich Maßnahmen ergriffen, um auf dieselgetriebene Notstromquellen umzusteigen. Nun solle das Kraftwerk dauerhaft ans belarussische Energiesystem angeschlossen werden, sagte Pankow.
Keine erhöhten Messwerte
Laut Ministerium zeigen die Strahlenfrühwarnsysteme in der Ukraine und in Österreich keine erhöhten Messwerte. Im Falle einer Notabschaltung seien Notstrom-Dieselgeneratoren vorhanden, um sicherheitskritische Systeme der Anlage mit Strom zu versorgen. Bei störungsfreiem Betrieb würden diese Dieselgeneratoren zunächst für 48 Stunden reichen. Auch danach können die Generatoren weiter mit Diesel betrieben werden, versicherte das österreichische Klimaschutzministerium. "Auch bei einem kompletten Ausfall der Stromversorgung würde es im schlimmsten Fall Tage bis zu einer möglichen Freisetzung radioaktiver Stoffe dauern. In jedem Fall wäre durch eine mögliche radiologische Freisetzung nur die unmittelbare Umgebung in der Ukraine und in Belarus betroffen."
Global 2000 warnte, dass die Lage in den abgeschalteten Reaktoren und dem zerstörten Block 4 in Tschernobyl seit Tagen kritisch sei. Noch besorgniserregender sei die Netztrennung, da der gelagerte Atommüll weiter versorgt und einige Jahre gekühlt werden müsse. "Es ist völlig unklar wie viel des Mülls weiterhin aktive Kühlung braucht", urgierte Global-2000-Atomexperte Reinhard Uhrig.
Greenpeace forderte, dass die Kämpfe in der Ukraine sofort gestoppt werden: "Neben der humanitären Katastrophe droht der Ukraine auch noch eine nukleare Gefahr. Die Lage im ukrainischen AKW-Tschernobyl ist extrem alarmierend", sagte Jan Haverkamp, Atomexperte bei Greenpeace.
Grossi reist nach Antalya
Am Donnerstag wurden in Antalya Gespräche zur Sicherheit der ukrainischen Atomanlagen geführt. Erste Gespräche des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit seinem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba am Donnerstag verliefen aber ergebnislos. Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, kündigte am Mittwochabend an, dass er in die türkische Stadt reisen werde.
Atomunfall 1986
In Tschernobyl kam es 1986 zu einem verheerenden Atomunfall. Noch heute werden dort radioaktive Abfälle gelagert. Bisher sind auch ein weiteres AKW und einige andere Einrichtungen mit Beständen von Nuklearmaterial von der russischen Invasion betroffen. Es ist jedoch zu keinem Austritt von radioaktivem Material gekommen.
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