"Katastrophe mit Anlauf": Caritas warnt vor Winter in griechischen Camps

A woman prays as refugees and migrants from the destroyed Moria camp find shelter at the parking space of a supermarket, near a new temporary camp on the island of Lesbos
Behelfsmäßige Unterkünfte werden dem Wetter nicht standhalten, warnt Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas Wien.

Angesichts des nahenden Winters warnt die Caritas erneut vor einer Verschärfung der Situation in den Flüchtlingscamps auf den griechischen Ägäis-Inseln. Die Zelte, die nach dem Brand in Moria auf Lesbos aufgestellt wurden, seien weder wind-, noch wasser- und winterfest, sagte Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas Wien, im Gespräch mit der APA. Es scheine sich eine "erneute Katastrophe mit Anlauf" anzubahnen.

Durch die Regenfälle der vergangenen Tage seien manche Zelte - viele von ihnen haben auch keine Böden - "wie Kartenhäuser zusammengefallen", berichtete Schwertner, der sich diese Woche selbst ein Bild von der Situation auf Lesbos machte. Die behelfsmäßigen Unterkünfte würden der Caritas derzeit am meisten Sorge bereiten. "Wir stehen erst am Anfang des Winters, auf den Inseln kann es richtig kalt werden", so Schwertner.

Situation "nach wie vor verheerend"

Generell sei die Situation nach dem Brand, der das Camp Moria völlig zerstörte, "nach wie vor verheerend und sehr besorgniserregend". In dem Ausweichlager Kara Tepe gebe es keine einzige Dusche, "die Menschen müssen sich im Meer waschen", erzählte der Caritas-Wien-Chef. Es gebe keinen Anschluss an die lokale Wasserleitung, somit seien auch nur Chemie-Klos vorhanden. Die medizinische Versorgung bezeichnete er als völlig unzureichend.

40 Prozent Kinder

40 Prozent der rund 7.800 Geflüchteten auf Lesbos sind Kinder. Zumindest habe sich die Sicherheitslage im Vergleich zum Beginn des Jahres verbessert, weil auch die Polizeipräsenz größer sei, meinte Schwertner. Positiv anzumerken sei auch, dass in den vergangenen Wochen nach dem Brand, der das Camp Moria völlig zerstörte, Tausende besonders Schutzbedürftige auf das griechische Festland gebracht wurden. Doch auch dort sei die Situation für Flüchtlinge nicht einfach, sagte er unter Verweis auf die Verschärfung des griechischen Asylgesetzes, die eine massive Kürzung der finanziellen Unterstützung für anerkannte Flüchtlinge mit sich brachte.

Die Verbesserung der Lebensbedingungen für Geflüchtete auf den griechischen Inseln und eine Lösung in der Migrationsfrage generell ist nach Ansicht Schwertners "keine Frage des politischen Könnens, sondern des Wollens". Er habe den Eindruck, dass weiter "am Modell der Abschreckung gearbeitet" werde, so der Experte der Hilfsorganisation.

"Grenzen und Menschenwürde schützen"

In Europa müsse es aber möglich sein, Grenzen zu schützen und gleichzeitig Menschenrechte und -würde zu schützen, betonte er. Es brauche daher weitere Anstrengungen, auch Österreich werde seinen Beitrag leisten müssen, forderte Schwertner die Bundesregierung erneut zur Teilnahme an Umsiedelungsprogrammen (Relocation) von Geflüchteten auf. "Die Wien-Wahl ist vorbei, wir hoffen, dass jetzt wieder Vernunft und Hausverstand eintritt und Österreich eine überschaubare Zahl von geflüchteten Menschen aufnimmt."

Österreich erhöhte nach dem Brand in Moria zwar die Mittel für den Auslandskatastrophenfonds (AKF) und brachte medienwirksam 55 Tonnen Hilfsgüter nach Griechenland. Die Aufnahme von Schutzbedürftigen lehnt die ÖVP aber ab. Die Hilfsgüter, darunter winterfeste Zelte, sind auch ein Monat nach der Lieferung laut offiziellen Angaben noch nicht auf den griechischen Inseln angekommen.

Die Caritas hilft auf den Inseln sowie auf dem Festland unter anderem mit der Verteilung von Hygienepaketen und der Verbesserung von Wasser- und Sanitärversorgung. Auf Lesbos betreibt sie unter anderem auch ein Notquartier für besonders verletzliche Personen wie etwa unbegleitete Minderjährige.

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