Italien bleibt ohne Regierung

Ein Mann im Anzug steht vor einem Gardisten in Uniform.
Pier Luigi Bersani ist mit dem Versuch einer Regierungsbildung gescheitert. Die Situation scheint ausweglos.

Eine Regierungsbildung in Italien ist vorerst gescheitert. Der Chef des Mitte-Links-Lagers, Pier Luigi Bersani, unterrichtete am Donnerstagabend Präsident Giorgio Napolitano darüber, dass seine Sondierungsgespräche mit den anderen Parteien nicht erfolgreich waren. Ein Sprecher des Staatsoberhaupts kündigte an, Napolitano werde am Freitag mit den Parteien neue Beratungen über eine Regierungsbildung aufnehmen. Ein Sprecher der Sozialdemokraten sagte, Bersani habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, eine Regierung bilden zu können.

Bersani räumte das vorläufige Scheitern nach einem gut einstündigen Gespräch mit dem Staatschef ein. Er sei bei den sechstägigen Sondierungen mit unannehmbaren Bedingungen konfrontiert worden. Bersani war von Napolitano am vergangenen Freitag eingesetzt worden, sich eine breite Regierungsmehrheit zu suchen.

Das Mitte-Links-Bündnis hatte die Wahlen Ende Februar gewonnen, braucht im Senat jedoch einen Koalitionspartner. Die populistische Bewegung „Fünf Sterne“ des Komikers Beppe Grillo lehne es ab, Bersani das Vertrauen auszusprechen. Bersani seinerseits will keine große Koalition mit dem Mitte-Rechts-Bündnis von Silvio Berlusconi eingehen.
Napolitano werde jetzt persönlich Initiativen ergreifen, um mögliche Lösungen für das politische Vakuum zu finden, berichtete der Generalsekretär im Quirinal, dem Sitz des italienischen Präsidenten.

Völliges Patt, Neuwahlen drohen

Aus der Parlamentswahl vor einem Monat waren drei Lager nahezu gleich stark hervorgegangen. Für Bersanis Bündnis reichte es zwar für die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, nicht aber im gleichberechtigten Senat. Allein kann das Mitte-Links-Lager daher nicht regieren. Die politische Blockade in der von der Schuldenkrise besonders gebeutelten drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone belastet die internationalen Finanzmärkte und sorgt für Verunsicherung über die weitere Entwicklung in der Währungsgemeinschaft, die nicht zuletzt mit dem gerade erst vor der Staatspleite bewahrten Zypern bereits alle Hände voll zu tun hat.

Ein älterer Mann mit Brille spricht vor einer EU-Flagge.
Italy's President Giorgio Napolitano speaks at a news conference during his visit in Brdo near Kranj July 10, 2012. REUTERS/Srdjan Zivulovic (SLOVENIA - Tags: POLITICS)
Sollte die Regierungsbildung endgültig scheitern, drohen dem EU-Gründungsmitglied Neuwahlen. Allerdings müsste dazu zunächst ein neuer Präsident vom Parlament gewählt werden. Napolitano ( Bild) scheidet Mitte Mai aus dem Amt aus, und laut Verfassung darf er in den letzten Monaten seiner Amtszeit die Volksvertretung nicht mehr auflösen. Doch auch die Wahl eines Nachfolgers dürfte angesichts der Machtverhältnisse im Parlament schwierig werden.

Alternativ könnte Napolitano einen Außenseiter mit der Bildung einer Mehr-Parteien-Koalition oder einer neuen Technokraten-Regierung beauftragen, ähnlich wie die des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Monti. Als mögliche Kandidaten gelten unter anderem der angesehene Jurist Stefano Rodota, sowie der Generaldirektor der italienischen Notenbank, Fabrizio Saccomanni. Auch Senatspräsident Piero Grasso könnte den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten.

Pier Luigi Bersani im Porträt

Pier Luigi Bersani hält eine Sonnenbrille in die Höhe.

Italian PD (Democratic Party) leader Bersani speak
Personen halten Schilder mit der Aufschrift „L'Italia Giusta“ der Partito Democratico (PD) hoch.

Supporters hold signs as Italy's Democratic Party
Ein Mann schreibt Notizen, während auf einem Bildschirm im Hintergrund ein anderer Mann spricht.

ITALY ELECTIONS BERSANI
Eine Reihe von Wachsfiguren in Anzügen, die an Politiker erinnern.

ITALY ELECTIONS
Pier Luigi Bersani spricht vor Logos verschiedener politischer Parteien.

ITALY ELECTIONS BERSANI
Ein Mann im Anzug sitzt vor einem violetten Hintergrund und hält ein rotes Notizbuch.

Democratic Party leader Pier Luigi Bersani prepare
Ein Mann in Anzug und Krawatte gestikuliert mit der Hand.

Am 23. Oktober 2012 hielt der Kurier ( Helmut Bra…

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