Iran sieht Wiener Atomabkommen kurz vor dem Ende

FILE PHOTO: Iran`s Deputy Foreign Minister Abbas Araqchi speaking at the Chatham House think tank in London
Vizeaußenminister Araqchi: "Wir haben der Diplomatie ausreichend Zeit gegeben, aber genug ist genug".

Das Wiener Atomabkommen von 2015 steht nach den jüngsten amerikanischen Öl-Sanktionen gegen den Iran aus Sicht Teherans kurz vor seinem Ende. Das sagte der iranische Vizeaußenminister Abbas Araqchi in der Mittwochausgabe der Tageszeitung Etemad. "Wir haben der Diplomatie ausreichend Zeit gegeben, aber genug ist genug", so Araqchi.

Er ist einer der Architekten des Abkommens und bisher Befürworter des Wiener Deals. Die jüngsten Öl-Sanktionen der USA und die Machtlosigkeit der anderen Vertragspartner, etwas dagegen zu unternehmen, hätten zu Hoffnungslosigkeit im Iran geführt. "Das Atomabkommen bewegt sich daher rapide Richtung Endpunkt", sagte Araqchi.

Das Atomabkommen wurde 2015 zwischen dem Iran sowie Russland, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, China und den USA in Wien geschlossen, um den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern. Die USA traten im Mai 2018 allerdings einseitig aus dem internationalen Abkommen aus.

Im vergangenen November setzten sie ihre bisher härtesten Wirtschaftssanktionen gegen den Iran in Kraft. Diese zielen in erster Linie auf die Ölindustrie ab, die größte Einnahmequelle des Landes. Bisher hatte die US-Regierung acht Ländern erlaubt - darunter Irans größte Öl-Exportländer wie China und Indien - dass sie zunächst für sechs Monate ungestraft weiter iranisches Öl importieren können. Am Montag aber kündigte sie an, diese Regelung auslaufen zu lassen. Damit riskieren die Länder ab Donnerstag US-Sanktionen wie einen Ausschluss vom amerikanischen Markt, wenn sie weiter iranisches Öl kaufen.

Benzin muss rationiert werden

Der ölreiche Iran muss wegen der akuten Wirtschaftskrise im Zusammenhang mit den US-Sanktionen das Benzin rationieren. Von diesem Donnerstag an bekommen die Iraner zum bisherigen Preis von 10.000 Rials (0,22 Euro) nur noch 60 Liter Benzin im Monat, meldete die Nachrichtenagentur Tasnim am Mittwoch.

Für den Rest müssten sie dann mehr als das Doppelte - 25.000 Rials (0,54 Euro) - bezahlen. Die neuen Preise sind zwar für europäische Verhältnisse niedrig, für die Perser mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen von ungefähr 300 Euro aber ein großes Problem.

Eine Benzinrationierung gab es zuletzt 2007 unter dem damaligen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad. Die umstrittene Entscheidung führte zu landesweiten Protesten. Nach Beginn der Präsidentschaft von Hassan Rouhani 2013 wurde die Benzinrationierung daher auch stufenweise abgeschafft. Nun muss Rouhani die gleiche unbeliebte Entscheidung treffen.

Am Donnerstag werden auch die neuen Öl-Sanktionen der USA in Kraft gesetzt. Dann laufen die Ausnahmegenehmigungen für die letzten acht Länder aus, darunter Irans größte Öl-Exportländer wie China und Indien. Der Öl-Export ist die Haupteinnahmequelle des Gottesstaates. Jegliche Limitierung würde daher die Wirtschaftskrise im Land noch weiter verschärfen. Eine weitere Krise könnte für Präsident Rouhani auch politische Folgen haben und ihn zum Rücktritt zwingen.

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