Trump verwirrt mit vorzeitiger G7-Abreise: "Es geht um etwas viel Größeres"

G7 Summit in Canada
Die Teilnehmer forderten in einer gemeinsamen Erklärung eine "Deeskalation" im Nahen Osten. US-Präsident Trump sorgte mit seiner Abreise für Verwirrung.

Zusammenfassung

  • US-Präsident Trump verlässt G7-Gipfel vorzeitig wegen der Iran-Krise, gemeinsame Erklärung fordert Deeskalation.
  • G7 erklärt Iran als Hauptquelle der regionalen Instabilität und betont Israels Recht auf Selbstverteidigung.
  • Israel-Iran-Konflikt eskaliert, USA könnten militärisch eingreifen, G7 achtet auf Energiemarktstabilität.

US-Präsident Donald Trump will den Konflikt um das iranische Atomprogramm laut US-Sender CBS "ein für allemal" lösen. Die Israelis würden vorerst ihre Angriffe auf Ziele im Iran nicht verlangsamen, zitierte ein Reporter den US-Präsidenten am Dienstag. Der Präsident hatte den G7-Gipfel in Kanada am Montagabend überraschend vorzeitig verlassen. Trump müsse sich um viele wichtige Angelegenheiten kümmern, sagte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt.

Trump wurde weiter mit den Worten zitiert, er erwäge, US-Vizepräsident JD Vance oder seinen Sondergesandten Steve Witkoff zu Gesprächen mit der iranischen Führung zu entsenden. Es hänge aber davon ab, was passieren werde, wenn er zurück in Washington sei.

Trump selbst widersprach Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und stellte klar, dass seine vorzeitige Abreise nichts mit einer Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran zu tun habe. Der "öffentlichkeitsheischende" französische Präsident habe fälschlicherweise behauptet, er reise nach Washington zurück, um an einer Waffenruhe zu arbeiten, schrieb Trump kurz nach dem Einstieg in die Regierungsmaschine Air Force One in Calgary auf der Plattform Truth Social. 

"Er hat keine Ahnung, warum ich jetzt auf dem Weg nach Washington bin, aber es hat sicherlich nichts mit einer Waffenruhe zu tun", schrieb Trump dort weiter. "Es geht um etwas viel Größeres als das." Macron liege immer falsch.

Macron hatte im Hinblick auf Trumps überraschende Abreise gesagt, dass Gespräche im Gange seien. Es sei ein Angebot für eine Waffenruhe und Begegnungen und Gespräche unterbreitet worden. Jetzt müsse man sehen, ob die beteiligten Parteien mitzögen.

Trump "wäre gerne geblieben"

Trump machte zuvor klar, dass er seine Abreise nicht als Affront der G7 verstanden wissen wolle. "Ich wäre gerne geblieben", sagte er in Kananaskis. Es gebe aber "große Dinge", die seine unverzügliche Rückkehr nach Washington erforderten, betonte er ohne nähere Angaben. Wenige Stunden später verständigten sich Trump und die weiteren G7-Chefs unerwartet auf eine gemeinsame Erklärung zum Krieg zwischen Israel und dem Iran. In dem von Gastgeber Kanada veröffentlichten Text wird der Iran als "die Hauptquelle regionaler Instabilität und des Terrors" bezeichnet und Israels Recht auf Selbstverteidigung betont. Weiter erklären die Staats- und Regierungschefs der G7, man habe stets unmissverständlich klargestellt, dass der Iran niemals in den Besitz einer Atomwaffe gelangen dürfe.

Keine direkte Kritik an Israel

Direkte Kritik am israelischen Vorgehen gegen den Iran findet sich in der Erklärung der Gruppe führender demokratischer Wirtschaftsmächte nicht. Es wird lediglich die Bedeutung des Schutzes der Zivilbevölkerung in dem Konflikt betont und gefordert, dass die Lösung der Iran-Krise zu einer umfassenderen Deeskalation der Feindseligkeiten im Nahen Osten führen sollte - einschließlich eines Waffenstillstands im Gazastreifen. Zu Auswirkungen des aktuellen Konflikts auf die internationalen Energiemärkte heißt es, man werde diese weiterhin aufmerksam beobachten. Man stehe bereit, gemeinsam mit gleichgesinnten Partnern koordinierte Maßnahmen zu ergreifen, um die Stabilität der Märkte zu sichern.

Teheran verurteilte die G7-Erklärung zum Krieg zwischen Israel und Iran scharf. Die Erklärung habe die "eklatante Aggression Israels" gegen den Iran ignoriert, ebenso wie die "rechtswidrigen Angriffe auf unsere friedliche nukleare Infrastruktur sowie die wahllose Zielerfassung von Wohngebieten und die Tötung unserer Bürger", schrieb Außenamtssprecher Ismail Baghai in einer Mitteilung. Israel habe einen unprovozierten Angriffskrieg gegen den Iran begonnen, schrieb Baghai weiter. Er verwies in dem Zusammenhang auch auf Artikel 2(4) der UN-Charta, der Angriffe auf ein anderes Land untersagt. Hunderte Zivilisten seien getötet worden, schrieb der Außenamtssprecher.

Trump hatte kurz vor der Ankündigung seiner Abreise die Bewohner von Teheran indes zur Evakuierung aufgerufen. "Jeder sollte Teheran unverzüglich verlassen", schrieb Trump ohne Angabe von Gründen auf seiner Plattform Truth Social. Die iranische Hauptstadt hat mehr als zehn Millionen Einwohner.

China forderte nach diesem Online-Post von US-Präsident Trump erneut mehr Einsatz einflussreicher Länder zur Entschärfung des Konflikts. Öl ins Feuer zu gießen, werde nicht helfen, die Lage zu entspannen, sondern Konflikte verschärfen, sagte Außenamtssprecher Guo Jiakun am Dienstag in Peking, angesprochen auf Trumps Beitrag.

US-Streitkräfte in "Verteidigungshaltung"

Ein Sprecher des Weißen Hauses betonte nach Trumps Äußerungen, dass die US-Streitkräfte im Nahen Osten "in Verteidigungshaltung" verblieben. Es habe sich dabei "nichts geändert", erklärte der Sprecher. Der Iran und Israel liefern sich derzeit den schwersten militärischen Konflikt ihrer Geschichte. Israel greift seit Freitag mit massiver militärischer Wucht Ziele im Iran an, als Reaktion beschießt der Iran Israel mit Drohnen und Raketen. Die USA haben bisher nicht militärisch in diese Auseinandersetzung eingegriffen.

Die genauen Gründe für seine Abreise nannte Trump nicht. Andere Teilnehmer des G7-Gipfels zeigten aber Verständnis. Der Gastgeber des Gipfels, Kanadas Premierminister Mark Carney, sagte: "Ich habe volles Verständnis dafür, dass er heimfliegen muss." Die deutsche Regierung schloss sich an. "Nach intensiven und guten Beratungen zu Fragen der Weltwirtschaft, des Handels und zur Rohstoffsicherheit hat die Bundesregierung Verständnis für die vorzeitige Abreise des US-Präsidenten aus dem Kreis der G7", teilte ein Sprecher mit.

Die Ankündigung von Trumps Abreise überraschte die anderen Gipfelteilnehmer. Aus deutschen Regierungskreisen war zuvor zu hören, Trump sei bei dem Gipfel kooperativ aufgetreten, die Stimmung in der ersten Arbeitssitzung am Montagmorgen (Ortszeit) sei "enorm harmonisch" gewesen - und Trump habe den G7-Partnern zugesagt, bis zum Ende des Gipfels zu bleiben und das geplante Gipfelprogramm zu absolvieren.

Kein Treffen mit Selenskyj

Mit Trumps vorgezogener Abreise wird es nicht zu dem für Dienstag vorgesehenen Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kommen, der nach seinem Aufenthalt in Wien als Gast zum Gipfel nach Kananaskis gereist ist. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte Selenskyj am Montag mit Blick auf den G7-Gipfel gefordert, den Druck auf Russland durch weitere Sanktionen zu erhöhen. Besonders wichtig seien etwa Sanktionen gegen russische Energieträger wie etwa Erdöl.

Der ukrainische Präsident zeigte sich auch zuversichtlich, dass die USA weiter Waffen an Kiew liefern werden. "Wir reden mit Trump über Militärhilfe und Waffen, welche wir bereit sind zu kaufen", betonte er. "Wir reden nicht über neue Hilfe." Man müsse daran arbeiten, dass das Bündnis zwischen den USA und Europa "nicht zugrunde geht."

Trump bei Russland-Sanktionen skeptisch

In der Frage neuer Sanktionen gegen Russland waren am Montag die Differenzen zwischen den USA und den anderen G7-Staaten deutlich zutage getreten. Trump äußerte sich skeptisch zu den von den Europäern gewünschten Verschärfungen: "Sanktionen kosten uns viel Geld", sagte der Präsident.

Die EU-Staaten planen neue Sanktionen, um den Druck auf Russland zu erhöhen, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Die EU hofft darauf, dass die USA ihrerseits neue Strafmaßnahmen verhängen, um die Wirksamkeit zu erhöhen. Trump machte in Kananaskis deutlich, dass er zunächst die Schritte der EU abwarten wolle. "Lassen wir sie vorangehen", sagte er im Hinblick auf die Europäer.

Der G7-Gipfel soll am Dienstag nach Angabe der kanadischen Gastgeber trotz Trumps Abreise weitergehen. Eine wichtige Rolle wird der Ukraine-Krieg spielen, auch NATO-Generalsekretär Mark Rutte soll als Gast an dem Gipfel teilnehmen. Weitere Gäste sind Staats- und Regierungschefs aus Indien, Brasilien, Mexiko und Australien - mit ihnen wollen die G7-Chefs unter anderem über Energiesicherheit beraten.

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