Brüssel sieht sich in der aktuellen Krise eher als Vermittler denn als Akteur. Seit der Aufkündigung des Atomabkommens durch Washington hatte die EU versucht, ihre eigene Iranpolitik aufzustellen. Wirtschaftspolitisch scheiterte aber der Versuch, die US-Sanktionen durch eine Zweckgewellschaft zu umgehen, außenpolitisch ringen die Europäer seit Wochen um eine gemeinsame Antwort auf die Festsetzung zweier britischer Tanker an der Straße von Hormus – vergeblich. Hier entscheide sich die Zukunft einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, schreibt der Spiegel. Doch wenn das die Generalprobe sein soll, dann ist der Ausblick schlecht.
Deutschland wird sich der US-Mission keinesfalls anschließen, während andere noch überlegen. Auf der anderen Seite wird sich Großbritannien – wenn es nicht mehr Teil der EU ist – noch mehr als bisher an den USA orientieren.
Wie die US-Mission „Sentinel“ genau aussehen soll, ist noch ungeklärt. Offiziell dient sie dem Schutz der Schiffahrt im Persischen Golf, Öltanker sollen "eskortiert" werden, heißt es. US-Verteidigungsminister Mark Esper rief am Mittwoch „jedes Land“ auf, „das Interesse an einer freien Handelsschifffahrt“ hat, sich zu beteiligen.
Der Iran ist eigentlich nicht an einer Eskalation interessiert. Das Regime will einerseits eine bessere Verhandlungsposition für eine mögliche Neuverhandlung des Atomdeals, die Trump in den Raum gestellt hat und übt durch seine Machtposition an der wichtigen Schifffahrtsroute Druck aus. Auf der anderen Seite reagierte er mit den Aktionen gegen britische Öltanker auf die Festsetzung eines iranischen Tankers in der Straße von Gibraltar Anfang Juni. Dabei präsentiert sich Teheran als Garant für die Einhaltung des internationalen Rechts am Persischen Golf.
Sehen die internationalen Bestimmungen vor, dass der jeweilige Küstenstaat die Passage der Meeresenge garantieren muss?
In der Meeresenge von Hormus treffen die Hoheitsgewässer von Iran und Oman aufeinander. An der engsten Stelle beträgt der Abstand zwischen den beiden Küsten nur 55 Kilometer. Dazwischen gibt es keine hohe See, also internationale Gewässer. Die jeweiligen Küstenstaaten haben tatsächlich die Verantwortlichkeit für den Schutz der Handelsschiffe, etwa vor Piraterie, erklärt Valentin Schatz von der Universität Hamburg. Sie regeln die Durchfahrt, doch die Richtlinien werden von der Internationalen Schifffahrtsorganisation vorgegeben.
Kann der Iran die Durchfahrt blockieren?
Nein. "Der jeweilige Küstenstaat hat kein Recht, die Durchfahrt temporär oder permanent zu blockieren", sagt Schatz. Er könne lediglich schwere Verstöße ahnden. Doch die Abkehr vom üblichen Weg, welche der Iran einem der britischen Öltanker vorwirft, ist kein solches Vergehen.
Wer darf die Meeresenge passieren und unter welchen Bedingungen?
Laut Seerecht dürfen alle Schiffe die Meeresenge passieren. Sie müssen sich dafür nicht anmelden oder auf Grünes Licht warten. Sie haben lediglich die Ortungsgeräte aufgedreht zu lassen, U-Boote müssen auftauchen. Der Iran hat kein Recht, die Durchfahrt temporär oder permanent zu blockieren. Auch für Kriegsschiffe gilt das. Sie dürfen dabei allerdings nicht die Waffen auf den Küstenstaat richten.
Wer darf unter welchen Umständen Kriegsschiffe in internationale Gewässer schicken?
Kriegsschiffe dürfen sich in weltweit allen internationalen Gewässern aufhalten – solange sie dort nichts Illegales tun, wie schießen oder Minen legen. Die USA machen von diesem Recht auch oftmals provokativ Gebrauch. Im Rahmen des "Freedom of Navigation Program" versuchen sie als Großmacht bei (in ihren Augen) ungerechtfertigten Ansprüchen auf Gebiete diese durch ihre bloße Anwesenheit infrage zu stellen.
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