Eine gemeinsame, europaweite Einigung wäre das, was von vielen Experten gefordert wird. Ein zentrales Problem: Die Länder reagieren sehr unterschiedlich auf das Thema. Spanien plant aktuell ein Gesetz, das das Mindestalter bei Social-Media-Konten auf 16 Jahre anhebt. Anbieter sollen verpflichtend Altersüberprüfungen und technische Elternkontrollen einbauen. Das Ziel: Minderjährige vor Online-Pornografie und Suchtgefahren zu schützen. Das Gesetz sieht zudem Gesundheitschecks vor, um medienbedingte Belastungen früh zu erkennen.
In Italien liegt ein Gesetzesentwurf vor, der noch weiter geht: Plattformen müssten beim Anlegen eines Kontos das Alter verifizieren und Nutzern unter 16 Jahren den Zugang nur mit schriftlicher Zustimmung eines Erziehungsberechtigten erlauben. Verträge oder Datennutzungen von Minderjährigen ohne Einwilligung wären ungültig. Besonders sind die neuen Regeln für "Baby-Influencer". Einkünfte von Influencern, die ihre Kinder für "Content" nutzen, würden pauschal auf ein Minimum von 10.000 Euro jährlich begrenzt und Überschüsse treuhänderisch gesichert. Italien will damit Kindesausbeutung stoppen und Dienste stärker zur Rechenschaft ziehen.
Deutschland diskutiert ebenfalls über eine Altersgrenze. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, den Kinder- und Jugendschutz im Netz zu stärken. Einige Länderpolitiker, wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, fordern Verbote für unter 16 Jahren. Dem gegenüber steht aber auch Widerstand: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte die Altersgrenzen "altmodisch". Praktisch gilt bislang die EU-Regel von 16 Jahren für rechtsverbindliche Einwilligungen, doch Plattformen wie Instagram lassen Kinder auch mit gefälschten Geburtsdaten ab 13 Jahren zu. Eine bundesweit einheitliche Beschränkung ist kaum in Sicht, da die Jugendmedienschutzkompetenz bei den Ländern liegt, sich die Bundesländer uneinig sind, und der DSA nationale Regelungen teilweise blockiert.
Ist der "Porno-Pass" die Lösung?
Australien gilt als radikaler Vorreiter: Ab Ende 2025 dürfen dort Jugendliche unter 16 Jahren nicht mehr selbstständig soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram oder Snapchat nutzen. Die neuen Regeln sehen satte Strafzahlungen vor (bis zu rund 50 Mio. AUD bei Verstoß) und sollen Plattformen dazu zwingen, den Zutritt von Minderjährigen zu blockieren. Premierminister Anthony Albanese erklärte, dass Australier wieder eine Kindheit bekommen sollten.
Die Regierung startete Anfang des Jahres Testläufe für Altersverifikationen, räumte aber bereits ein, dass dort technische Hürden lauern. Ein großes Problem seien mangelnde technische Möglichkeiten, um das Alter von Nutzern effektiv zu kontrollieren. Orientieren möchte man sich an früheren Pilotprojekten, wie dem sogenannten "Porno-Pass".
Auch Spanien hält den Porno-Pass für die beste Lösung mit Zukunftsperspektive. Das System zwingt Nutzer, ihr Alter anzugeben. Durch ein Verschlüsselungssystem bleibt aber alles anonym. Diese Initiative soll als Vorbereitung auf kommende EU-weite Regelungen dienen.
Regulierungsansätze in Asien
In Südkorea wird kein generelles Nutzungsverbot für Kinder diskutiert. Das Land setzte jedoch früher auf sehr harte Jugendlimits im Online-Bereich: Zwischen 2011 und 2021 war das sogenannte "Cinderella-Gesetz" in Kraft, das Minderjährigen unter 16 Jahren das Online-Gaming zwischen Mitternacht und 6 Uhr untersagte. In der Praxis waren auch Online-Plattformen eng überwacht; schon bei Diensten wie Netflix mussten Nutzer altersrelevante Daten und Dokumente (persönliche Ausweise oder Mobilfunknummern) eingeben, um Inhalte freizuschalten.
Abgeschafft wurde das Gesetz, weil minderjährige Südkoreaner anfingen, Einwohnermeldenummern zu stehlen, um den Identitätsnachweisen zu entgehen. Zusätzlich konnten Eltern ab 2014 beantragen, dass ihre Kinder vom Gesetz ausgenommen waren. Statt die Nutzer einzuschränken, entschied Südkorea, sich gegen die Spieleanbieter zu wenden und verbot einige Online-Spiele.
Die Türkei plant vergleichbare Schritte wie im Westen: Ende 2024 kündigte die staatliche Telekommunikationsbehörde in einem Gesetzentwurf an, Kinder unter 13 Jahren künftig grundsätzlich von sozialen Netzwerken fernhalten zu wollen.
Dunkle Schlupflöcher
Viele Maßnahmen klingen grundsätzlich ambitioniert, ihre Wirksamkeit ist aber fraglich. Technologisch ist vor allem die Alterskontrolle eine Herausforderung: Nutzer können beim Anlegen eines Kontos einfach ein falsches Geburtsdatum eingeben.
Gesetzlich würde eine wirksame Kontrolle etwa Identitätsprüfungen oder Bankkonten verlangen - was viele Experten für nicht praktikabel halten und außerdem erneut Datenschutzbedenken aufwirft. Selbst in Australien wurde eingeräumt, dass eine automatische Altersverifizierung schwierig sei. So landen viele Regelungen nach der Verabschiedung in einer Grauzone und bleiben wirkungslos.
Unterdessen fahren große Plattformbetreiber oft eine einheitliche Strategie: Viele setzen global "13+" als Minimum, weil das der amerikanischen Praxis entspricht. Ein Großteil der Plattformen hat seine Dienstzentralen aber in Ländern wie Irland und Kalifornien, wo das schwächste (global einheitliche) Limit gilt. Zusätzlich verweisen die Medienbetreiber darauf, dass sie nur dort zuständig sein können, wo sie eine lokale Niederlassung haben - ein Vorwand, der länderspezifische Einschränkungen relativiert.
Rechtlich zeigt sich ein Flickenteppich auf: EU-weit sorgt der DSA dafür, dass nationale Alleingänge begrenzt sind. Länder wie Frankreich oder Deutschland können daher selbst keine neuen Verbote durchdrücken, solange der DSA gilt. Das schwächt den Druck auf Konzerne weiter ab. Stimmen für strengere Gesetze werden aber immer lauter, Initiativen wie der "Porno-Pass" geben Experten Hoffnung für kommende EU-weite wirksame Regelungen. Vorerst bleibt aber vieles unklar; es fehlt an einer gemeinsamen Lösung.
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