Holocaust-Streit: Visegrad-Gipfel in Israel abgesagt

Der tschechische Regierungschef Andrej Babis
Polen sagte wegen Vorwurf der Kollaboration mit dem NS-Regime ab. Laut Tschechien nun bilaterale Gespräche.

Der ursprünglich für Dienstag geplante Gipfel der Visegrad-Gruppe und Israels in Jerusalem findet nach der Absage Polens nicht statt. Das sagte der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis am Montag nach Angaben der Agentur CTK in Prag. Der Gipfel werde unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt in der zweiten Jahreshälfte nachgeholt, wenn Tschechien den Vorsitz der Visegrad-Gruppe übernimmt.

Polen hatte nach Äußerungen des neuernannten israelischen Außenministers Israel Katz seine Teilnahme am Gipfel der Visegrad-Staaten in Israel abgesagt. Hintergrund ist ein Streit zwischen beiden Ländern, ob Polen während des Zweiten Weltkrieges mit den NS-Besatzern kollaboriert haben.

Pellegrini und Orban bereits vor Ort

In Israel sollen nun ausschließlich bilaterale Gespräche stattfinden. Der slowakische Regierungschef Peter Pellegrini und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban seien bereits vor Ort, sagte Babis. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums bestätigte die bilateralen Treffen. Zu den Visegrad-Staaten gehören neben Polen auch Tschechien, Ungarn und die Slowakei.

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte seinen Besuch für das Visegrad-Treffen bereits zuvor kurzfristig abgesagt. Vorausgegangen war ein Streit über israelische Berichte zu Aussagen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu zur Kollaboration von Polen mit Nationalsozialisten.

Mit dem Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 hatte der Zweite Weltkrieg begonnen. Seit knapp einem Jahr gilt in Polen ein neues Gesetz, das es unter Geldstrafe stellt, der polnischen Nation eine Verantwortung für die von Nazi-Deutschland begangenen Verbrechen zuzuschreiben. Morawiecki hob hervor, die "historische Wahrheit" sei für Polen fundamental.

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