Wirbel um Sanktionen-Sager

Zwingt die EU Serbien zu Schritten gegen Russland? Nein, sagt der Kommissar.

Es war ein Zeichen der Wertschätzung, dass Johannes Hahn in seiner neuen Funktion als EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik und Erweiterung am Donnerstag Serbien als erstem Beitrittskandidaten einen Besuch abstattete. Dabei konnte sich Hahn auch gleich selbst davon überzeugen, wie heikel manche Themen bei den Beitrittsverhandlungen sind.

Anlass für die aktuelle Aufregung: Das Verhältnis Serbiens zu Russland. Die beiden Länder haben traditionell eine enge Verbindung. Auch jetzt, während der Ukraine-Krise, pflegt man einen eher freundschaftlichen Umgang – während die EU längst Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt hat.

In serbischen Medien wurde das Thema nun rund um Hahns Besuch hochgeschaukelt: Sanktionen gegen Russland sind Serbiens Verpflichtung, titelte Vecernje Novosti über ein Interview mit Hahn. Andere Medien und auch die Nachrichtenagentur Tanjug erweckten ebenfalls den Eindruck, als mache Hahn bzw. die EU auf Serbien Druck, sofort Sanktionen gegen Russland zu erlassen.

„Serbien entscheidet“

Gegenüber dem KURIER stellt Hahn nun klar: „Der Titel reflektiert keinesfalls meine Position bzw. das, was ich gesagt habe. Ich habe vielmehr mehrfach betont, dass jedes Land autonom entscheiden kann, welchen Weg es einschlägt.“ Serbien selbst sehe seine Zukunft in der EU, betont Hahn – „und das unterstützen wir“.
Allerdings werde man auch genau darauf achten, dass alle Voraussetzungen für einen Beitritt erfüllt sind – auch in der Außenpolitik. „Die Kandidaten müssen schrittweise ihre Positionen mit jenen der EU in Einklang bringen und spätestens zum Zeitpunkt des Beitritts voll übernehmen“, sagt Hahn. „Das gilt selbstverständlich auch für Serbien.“

Ministerpräsident Aleksandar Vucic bekräftigte beim Treffen am Donnerstag, dass Serbien vorhabe, auf dem Weg Richtung EU zu bleiben: „Serbien führt keine doppelte oder dreifache Politik. Unser strategisches Ziel ist die EU-Eingliederung.“ Belgrad hat in den vergangenen Monaten wiederholt seine Unterstützung für eine geeinte Ukraine inklusive der Krim bekräftigt – an Sanktionen gegen den wichtigen Partner Russland will man sich aber trotzdem (noch) nicht beteiligen.

Integration statt Druck

Ein Ultimatum in dieser Frage will in Brüssel Serbien niemand stellen. Man habe, heißt es in Diplomatenkreisen, aus der Ukraine-Krise gelernt – und wolle kein Land unter Druck setzen, sich zwischen einer Annäherung an die EU oder einer engen Bindung an Russland zu entscheiden. Vielmehr setze man auf schrittweise Integration, die eine Entscheidung für die EU irgendwann zum logischen Schritt mache. Und auf wirtschaftliche Fakten. „Zwei Drittel der Importe und Exporte werden mit der EU abgewickelt, zwei Drittel der Investitionen aus dem Ausland kommen von EU-Staaten“, sagte Hahn in Belgrad. Ein klarer Hinweis darauf, wer ökonomisch schon jetzt der wichtigere Partner ist.

Die Beitrittsverhandlungen mit Serbien laufen seit Jahresbeginn; ein Beitritt soll frühestens 2020 erfolgen.

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