„Haben weitere Dokumente“ – Erdoğan erhöht Druck auf Saudis

„Haben weitere Dokumente“ – Erdoğan erhöht Druck auf Saudis
Türkischer Präsident fordert Namen des Auftraggebers, österreichischer EU-Ratsvorsitz für Waffenembargo

„Wir haben weitere Dokumente und Informationen über den Mord von Jamal Khashoggi und werden diese veröffentlichen, wenn die Zeit dafür reif ist“, tönte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Freitag und verschärfte seinen Ton gegen das saudische Königshaus. Als „kindisch“ bezeichnete er die bisherigen Erklärungen, die sich gravierend voneinander unterscheiden. Hatten die Saudis anfangs noch gesagt, sie wüssten nicht, was mit Khashoggi passiert sei, hieß es zuletzt, dass die festgenommenen 18 Verdächtigen mit Vorsatz gehandelt hätten.

Damit will das wahhabitische Königreich augenscheinlich den internationalen Druck von sich nehmen – Erdoğan scheint genau das verhindern zu wollen: „Wer hat den Befehl gegeben?“, fragte er. Einiges deutet darauf hin, dass der saudische Thronfolger Mohammed bin Salman (MbS) in den Mordfall verwickelt ist – im 15-köpfigen Mordkommando fanden sich enge Vertraute des Prinzen. Diese wollten Khashoggi laut dem bei der Ermordung erstellten Audiomitschnitt „eine Lehre erteilen“. Ein europäischer Sicherheitsexperte, der ihn sich offensichtlich anhören durfte, sagte: „Es gab einen Streit zu Beginn, sie beleidigten sich gegenseitig, es entwickelte sich.“ Khashoggi habe nicht den Eindruck gemacht, als rechne er damit, getötet zu werden.

Türkei will Auslieferung

Die Istanbuler Staatsanwaltschaft will im Zuge ihrer Ermittlungen eine Auslieferung der 18 in Saudi-Arabien festgenommenen Verdächtigen verlangen. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag. Entsprechende Dokumente seien vorbereitet worden. Erdogan hatte zuvor mehrfach gesagt, die Täter müssten in Istanbul vor Gericht gestellt werden.

Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass MbS den Auftrag zur Ermordung seines Kritikers gegeben hat, dürften schwere Zeiten für Saudi-Arabien anbrechen: US-Präsident Donald Trump, ein enger Verbündeter der Saudis, sieht sich zunehmendem Druck seiner Parteigenossen ausgesetzt, Riad mit Sanktionen zu belegen. Den Plan zur Ermordung Khashoggis hat er bereits als „eine der schlechtesten Vertuschungsaktionen in der Geschichte“ bezeichnet.

EU uneins über Embargo

Auch das Europaparlament hat sich für ein EU-weites Waffenembargo ausgesprochen, ebenso der österreichische EU-Ratsvorsitz – sofern das Königshaus tatsächlich hinter dem Mord stecken sollte. Außenministerin Karin Kneissl ist davon überzeugt, dass durch ein Embargo vor allem Jemen-Konflikt und Katar-Krise entschärft werden könnten. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel will vorerst keine Waffen an die Saudis liefern. Widerstand dagegen kommt unter anderem aus Großbritannien – sie hätten kein Interesse daran. 49 Prozent der britischen Waffenexporte gehen nach Saudi-Arabien.

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