Aus Guantanamo freigelassener Migrant: „Habe jeden Tag geweint“

Ende Februar wurden 170 nach Guantanamo deportierte Migranten freigelassen.
Von Valentina Luger
Mit gefesselten Händen und Füßen habe man José Daniel Simancas Rodríguez in ein Flugzeug gebracht. Er sei im Glauben gewesen, man bringe ihn nach Miami. Einige Stunden später sei er in Guantanamo Bay, Kuba gelandet.
Simancas war einer von 177 Venezolanern, die von den Vereinigten Staaten zum Stützpunkt der US-Navy deportiert wurde. Er berichtet der CNN von kompletter Isolierung, kleinen Mengen Essen und Suizidgedanken während seines 15-tägigen Aufenthalts.
Gebaut, um zu strafen
Das Gefangenenlager wurde 2001 auf Anweisung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush als Reaktion auf den Terroranschlag des 11. September gebaut. Der Plan war es, mutmaßliche islamistische Terroristen ohne Prozess festzuhalten. Seit der Errichtung vor 24 Jahren berichten ehemalige Insassen von grausamer Folter.
Trumps demokratische Vorgänger Barack Obama und Joe Biden hatten angekündigt, das Lager schließen zu wollen. Beide scheiterten mit dem Vorhaben am Kongress. 16 Jahre später kämpfen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International noch immer um die Einlösung dieses Versprechens.
Die Human Rights Watch sieht die Verschleppung nach Guantanamo Bay als eine Waffe in Trumps Kampf gegen illegale Migration. Bereits im Wahlkampf kündigte er an, hart gegen Einwanderer ohne Papiere vorzugehen. Bis zu 30.000 Migranten will er in Guantanamo unterbringen.
Zustände in Guantanamo
Der 30-jährige fünffache Familienvater spricht davon, komplett isoliert gewesen zu sein. Das einzige Geräusch, das er wahrnehmen konnte, sei das Geschrei anderer Insassen gewesen.
Mit gefesselten Händen und unter ständiger Überwachung, habe er während seiner 15-tägigen Gefangenschaft zwei Mal duschen dürfen. Die Erinnerungen an den Hunger sind für Simancas am stärksten. Er erzählt, das Teller abgeschleckt zu haben, nicht weil das Essen so lecker war, sondern wegen dem großen Hunger.
Die Kosten der Folterung
Die Militärbasis kostet nicht nur den Gefangenen ihren Seelenfrieden, sondern auch den US-Amerikanern viel Geld. Berechnungen der New York Times zufolge belaufen sich die Ausgaben der USA für das Lager auf 540 Millionen US-Dollar pro Jahr – 13 Millionen Dollar pro Insasse. Menschenrechtsorganisationen vermutet, dass die tatsächlichen Kosten weitaus höher sind, da klassifizierte Kosten noch nicht mit einberechnet wurden.
Erklärt werden können diese Summen durch den hohen Personalaufwand, den Guantanamo beansprucht. 1.800 Soldaten sind auf der von den USA gepachteten Insel beschäftigt, 45 pro Gefangenen. Dem Gefängnispersonal stehen ein Kino, eine Kapelle, zwei Speisesäle und Seelsorger zur Verfügung.
Eine lange Reise in die Hölle
Wie viele andere Migranten ist auch Simancas durch den gefährlichen Darien Dschungel über die US-Grenze gekommen. Nach Zwischenstopps in Ecuador, Panama, Costa Rica und Mexico kam er schließlich im Mai 2024 an seinem Endziel, dem „Land der Möglichkeiten“ an.
Kurze Zeit nach seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten wurde er inhaftiert. Zuerst für neun Tage in einem Bundesgefängnis, dann bis zu seiner Deportation nach Guantanamo in einer Haftanstalt der US-Einwanderungsbehörde. Der Grund für seine Inhaftierung seien seine Tattoos und sein Geburtsort gewesen, sagt Simancas. Die US-Behörden vermuten eine Verbindung des 30-jährigen zu der venezolanischen „Tren de Aragua“ -Bande, die in den USA als Terrorismusorganisation angesehen wird.
Traum der Freiheit geplatzt
Zurück in Venezuela, drückt Simanca große Freude darüber aus, seine Kinder wieder zu sehen. Er hat vor, weiterhin als Bauarbeiter zu arbeiten und das Erlebte hinter sich zu lassen. Seine Hoffnung, den amerikanischen Traum zu leben, bleibt in der Vergangenheit. „Wenn sie das alles getan haben, um eine Rückkehr ins Land zu verhindern, dann haben sie es geschafft. Sie wollten uns ein Trauma zufügen, das ist ihnen gelungen.“
Laut der UN haben seit 2014 rund acht Millionen Menschen Venezuela verlassen. Der Auslöser dafür sind politische, ökonomische und soziale Instabilitäten im Land. Jüngst untersagt Trump die Erdölförderung in Venezuela durch den amerikanischen Konzern Chevron. Grund für die Entscheidung sei, dass Venezuela unter Präsident Maduro, Migranten nicht schnell genug nach Venezuela zurückbringe.
Zudem beschuldigt Trump die „Tren de Aragua“- Bande, regelmäßig Gewaltverbrechen in US-städten zu begehen. Venezuela gehört zu den ölreichsten Ländern der Welt, die Technik ist jedoch marode und die Produktionsstätten liegen brach. Die Zusammenarbeit des staatlichen Ölkonzerns PDVSA und Chevron führte in der Vergangenheit zu mehr Produktivität in der Rohölproduktion.
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