Von wegen verregnet: England erlebt dramatischen Wasser-Engpass

Das Klischee des regnerischen Englands bewahrheitet sich diesen Sommer nicht.
Bereits Mitte Juli musste Southern Water als vierter englischer Wasseranbieter ein Gartenschlauchverbot erlassen. Mittlerweile darf jeder siebente Brite den Wasserschlauch weder dazu verwenden, um die Blumen zu gießen, noch um den Pool aufzufüllen oder das Auto zu waschen. Bei Zuwiderhandeln drohten bis zu 1.000 Pfund (1.161 Euro) Strafe.

Vier englische Wasseranbieter haben ein Gartenschlauchverbot verhängt.
Großbritannien hat nach dem trockensten Frühling seit 1893 nun auch den wasserärmsten Juli seit 1967 zu verzeichnen. Fünf Regionen sind offiziell von Dürre betroffen, sechs weitere leiden unter anhaltender Trockenheit. Das Wasser ist auf der Insel so knapp, dass ein „Ereignis von nationaler Bedeutung“ ausgerufen wurde.
Cloud frisst Wasserspeicher
Zu Wochenbeginn kam nun die vielleicht kurioseste Aufforderung: Die britische Nationale Dürregruppe bittet die Britinnen und Briten, alte E-Mails zu löschen. Dateien wie E-Mails und Fotos, die in der Cloud gespeichert sind - so das Argument - werden von großen Rechenzentren verwaltet, die zur Kühlung enorme Mengen an Wasser benötigen. Laut einer Studie der Universität Oxford verbrauche schon ein relativ kleines Rechenzentrum mit einer Leistung von 1 Megawatt etwa 26 Millionen Liter Wasser pro Jahr, berichtet The Independent.

KI verbraucht in den weltweiten Rechenzentren von Microsoft laut Guardian zwischen 1,8 und 12 Liter Wasser pro Kilowattstunde Energieverbrauch.
Es ist nicht das erste Mal, dass Technologie mit Wassermangel in Verbindung gebracht wird. Als Premierminister Keir Starmer im Februar verkündete, Großbritannien zum Weltführer im Bereiche der KI ausbauen zu wollen, warnten Experten, dass dies dramatische Folgen für die Wasserversorgung des Landes haben könnte.
Laut einer Studie der Cornell Universität könnte die weltweite KI bis 2027 bis zu 6,6 Milliarden Kubikmeter Wasser verbrauchen könnte – das entspricht fast zwei Dritteln des jährlichen Verbrauchs Englands.
Kurze Dusche, kaputte Toiletten
Zusätzlich zum Löschen alter Fotos und E-Mails rät die Nationale Dürregruppe derzeit auch undichte Toiletten zu reparieren (weil diese bis zu 400 Liter pro Tag verschwenden können), beim Zähneputzen den Wasserhahn zuzudrehen und kürzer zu duschen. Denn die Situation könnte sich weiter verschärfen; Großbritannien erlebt derzeit seine vierte Hitzewelle des Sommers.

Dichtes Gedränge im London Fields Lido. England erlebt seine vierte Hitzewelle des Sommers.
Aufgrund der hohen Temperaturen fordert deshalb die Gewerkschaft Unite, dass eine maximale Arbeitstemperatur von 30 Grad festgelegt wird und Arbeit eingestellt wird, wenn es bei der Arbeit im Freien keine Schattenplätze gibt oder die Temperatur in Innenräumen nicht reguliert werden kann.
Unterdessen wurde die Londoner Feuerwehr zu Wochenbeginn gleich zu drei Parks im Großraum London gerufen, in denen trockenes Gras Feuer gefangen hatte.
Und die Veranstalter der Anglesey Agricultural Show, die diese Woche in Wales stattfand, hat riesige Ventilatoren aufgestellt, um die zotteligen Hochlandrinder abzukühlen.
Auch wenn kommende Woche Abkühlung folgen dürfte, ein Aufatmen in puncto Wasserpegel gibt es noch nicht. Laut britischem Zentrum für Ökologie und Hydrologie könnte die Trockenheit bis weit in den Oktober hinein anhalten.
Kommentare