Gänsehaut, Gedenkminute und Groll: So war die königliche Geburtstagsparade

Die britische Königsfamilie auf dem Balkon des Buckingham-Palasts
Schlangen vor Big Ben sind keine Seltenheit. Doch an diesem Samstag wurden sie nicht von Touristen mit großen Fotoapparaten gebildet, die auf ein ikonisches Foto mit roter Telefonzelle warten, sondern von Damen in elegantem Sommerkleid samt Fascinator und Herren in Anzug oder Militäruniform.
Der britische König Charles lud zur alljährlichen Geburtstagsparade. (Die nicht an seinem echten Geburtstag im November, sondern im Juni stattfindet, wenn die Chancen auf Sonnenschein höher sind.)

Briten stehen für Trooping the Colour Vorführung Schlange.
Das Ereignis lockt jedes Jahr nicht nur die 8.000 Personen an, die einen Sitzplatz auf der Tribüne ergattern können (eine Viertelmillion meldet sich für die Auslosung an), sondern auch Tausende schaulustige Briten. Heuer, ließ der Palast im Vorfeld wissen, sei zudem ein besonderes Jahr. Denn dieses Jahr würden die Coldstream Guards ihre Farben präsentieren – und diese älteste Garde des Landes feiert heuer ihren 375. Geburtstag.

Royale Fans
Doch die meisten Gäste brauchten keinen Anlass. „Wir lieben einfach die Königsfamilie“ sagte Shelly Wrate, von Kopf bis Fuß in Union-Jack-Farben gekleidet. „Wir kommen jedes Jahr.“

Shelly Wrate und ihre Familie kommt jedes Jahr zu der Parade.
Dass König Charles nicht wie es das Protokoll für den Monarchen vorsieht, auf dem Pferderücken in der Kutsche an der Vorführung teilnahm, bereitete ihr keine Sorgen. Auch Rebecca Newman, die ein paar Meter weiter an der Absperrung in der Prunkstraße The Mall lehnte, schüttelte auch den Kopf. „Also ich möchte ja nicht einmal mit meinen 30 Jahren hier auf einem Pferd sitzen.“

Rebecca Newman likes den Pomp und die Parade.
Heuer ging es den Besuchern um die Leichtigkeit. „Ach, die Parade, die Soldaten, die Musik. Es macht einen einfach stolz, Britisch zu sein.“
Der Königs-Moment
Kurz vor elf Uhr verstummten die Gespräche entlang der Prunkstraße, Handys wurden gezückt, Köpfe verrenkt, um besser zu sehen. Und dann, unter Klatschen und Jubeln, rollten sie vorbei: König Charles und Königin Camilla in der weinrot-beige-schwarzen Barouche-Kutsche; hinter ihnen Prinz William, Prinz Edward und Prinzessin Anne hoch zu Ross.

König Charles und Königin Camilla
Gefolgt von – und hier ging einmal mehr die größte Welle der Begeisterung durchs Volk – Prinzessin Catherine mit ihren drei Kindern Georg, Louis und Charlotte, die im Partnerlook mit ihrer Mutter erschien.

Der Brite Jay Speakman krallte vor Aufregung seine Finger in die Schultern der Freundin. Er hatte den König noch nie mit eigenen Augen gesehen. „Oh, Mann, ich weiß jetzt auch gar nicht warum, aber ich habe jetzt totale Gänsehaut.“

Die Vorführung am Paradeplatz begann dann mit einer Pause. König Charles III hat um eine Schweigeminute für die Opfer der Air India Maschine gebeten. Beim Flugzeugabsturz der Boeing 878 am Donnerstag waren unter den 242 Passagieren auch 53 Briten gewesen.
Protest vor dem Balkon
Die Vorführung selbst ing mit geprobter Perfektion über die Bühne, doch der berühmte Balkon-Moment zum Abschluss bekam nicht ganz die gewohnte Aufmerksamkeit.

Nach dem Fly-Past der Red Arrows schob sich eine Demonstrationsgruppe der Antimonarchie-Gruppe "Republic" mit "Not my King!" (Nicht mein König, Anm.) bis vor den Buckingham Palace.

Protester der Antimonarchie-Gruppe "Republic" kommen bis vor den Buckingham Palace.
Doch lange waren ihre Rufe nicht zu hören. Denn die zahlenmäßig überlegenen patriotische Briten begannen ebenfall lauthals zu singen. In ihrem Fall: "God Save The King".
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