Freitagspartys: Johnson kämpft ums politische Überleben

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Der britische Premier ist nach Enthüllungen zu Feiern in Lockdown-Zeiten weiterhin massiv unter Druck. Er könnte mit Rausschmissen und Populismus reagieren.

Nach neuen Vorwürfen wegen des Bruchs von Corona-Regeln in seinem Regierungssitz ringt der britische Premierminister Boris Johnson um sein Amt. In seinem Regierungssitz in der Londoner Downing Street hat es während der Pandemie nicht nur vereinzelte, sondern regelmäßige Zusammenkünfte gegeben, auf denen Alkohol floss, wie der in der "Partygate"-Affäre in der Regel gut informierte Mirror schrieb. Am Wochenende nahmen die Rücktrittsforderungen gegen den Premier weiter zu.

"Wine-Time"

Johnsons Mitarbeiter haben sich nach Mirror-Angaben jeden Freitag zu "Wine-time Fridays" getroffen, während der Premier sie ermutigt habe, "Dampf abzulassen" - auch wenn Treffen in Innenräumen gemäß den Lockdown-Regeln streng verboten gewesen waren. Johnson habe mehrmals selbst bei diesen Zusammenkünften vorbeigeschaut. Die Mitarbeiter hätten eigens einen Bürokühlschrank angeschafft, um ihre Flaschen Weißwein, Prosecco und Bier kühl zu halten.

Party mit Arbeit verwechselt - fragwürdige Entschuldigung von Boris Johnson

Interne Untersuchungen

Diese Angaben reihen sich in Berichte ein, die dafür gesorgt haben, dass Johnson längst um sein politisches Überleben kämpft. Für eine Gartenparty in seinem Amtssitz entschuldigte er sich am Mittwoch im Parlament, doch weitere Enthüllungen folgten, unter anderem zu Feiern am Vorabend der Beerdigung von Queen-Gemahl Prinz Philip im April 2021. Damals galten strenge Kontakt- und Abstandsregeln in Großbritannien. Queen Elizabeth II. musste deshalb ganz allein in der Kapelle ihrer Residenz Windsor sitzen, als ihr langjähriger Mann bestattet wurde. Zu den Lockdown-Partys in der Downing Street laufen interne Untersuchungen, deren Ergebnisse Johnson abwarten will.

Nun gibt es freitägliche Treffen zum Wochenausklang im britischen Regierungssitz nicht erst seit Johnson. Das Problem ist, dass diese Get-together laut Mirror-Angaben auch fortgesetzt wurden, nachdem Corona-Beschränkungen erlassen worden und Treffen unterschiedlicher Haushalte in Innenräumen untersagt waren. Auf der Insel ist das Bild entstanden: Während alle Britinnen und Briten - darunter selbst die Queen - unter strengen Lockdown-Maßnahmen ausharrten, legte die Downing Street bei sich selbst deutlich lockerere Maßstäbe an - und das unter Duldung von Premier Johnson.

Kritik aus den eigenen Reihen

All diese Negativ-Schlagzeilen haben die Umfragewerte von Johnson und seinen Tories in den Keller sinken lassen. Eine Folge des Ganzen: Mehrere Tory-Abgeordnete fordern mittlerweile offen seinen Rücktritt, dazu gesellte sich am Wochenende der Parlamentarier Tim Loughton.

"Ich bin bedauerlicherweise zu dem Schluss gekommen, dass Boris Johnsons Position jetzt unhaltbar ist, dass sein Rücktritt der einzige Weg ist, diese ganze unglückliche Episode zu einem Ende zu bringen", schrieb Loughton auf Facebook. Es gehe ihm nicht darum, wie viele Wurstbrötchen oder Gläser Prosecco der Premier konsumiert habe, sondern wie er mit den Enthüllungen der vergangenen Wochen umgegangen sei. "Verschleierung, Tatsachenverdrehung und Ausflüchte waren an der Tagesordnung, als Klarheit, Ehrlichkeit und Reue das war, was nötig war und was das britische Volk verdient."

Andere sprechen Johnson ebendiese Reue zu. Er könne den Briten versichern, dass der Premier reuevoll sei, sagte Tory-Generalsekretär Oliver Dowden am Sonntag der BBC. "Aber was noch wichtiger ist, ist, dass er entschlossen ist, sicherzustellen, dass dies nicht geschehen darf und dass wir uns mit der zugrunde liegenden Kultur in Downing Street befassen." Es habe Fehler im Regierungssitz gegeben - einen Grund für einen Johnson-Rücktritt sah Dowden darin aber nicht.

Rundumschlag in Dowing Street

Johnsons engsten Mitarbeitern könnte nun zeitnah ein Rundumschlag blühen. Wie die Sunday Times am Sonntag berichtete, plant Johnson, personell umfassend in der Downing Street aufzuräumen und eine Reihe von "populistischen Ankündigungen" zu tätigen, um seine Haut zu retten. Zu seinen Plänen soll auch zählen, die verbliebenen Corona-Beschränkungen am 26. Jänner aufzuheben.

Johnson weigert sich dem Bericht zufolge, selbst die Verantwortung für die Regierungskrise zu übernehmen. Auf Treffen in den vergangenen Tagen soll er seinem Team vorgeworfen haben, ihn nicht geschützt zu haben. Johnsons Büroleiter Martin Reynolds, der Mitarbeiter trotz Lockdown-Regeln mit dem E-Mail-Aufruf "Bringt Euren eigenen Alkohol mit" zu der Gartenparty eingeladen hat, dessen Vertreter Stuart Glassborow und Stabschef Dan Rosenfield gelten als wahrscheinlichste Kandidaten dafür, die Downing Street verlassen zu müssen.

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