Macron vor dem Ende: Wer sich bereits jetzt als Nachfolger in Stellung bringt

Emmanuel Macron
Der Satz wäre von einer politischen Gegnerin des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu erwarten gewesen, nicht aber von der Sprecherin seiner eigenen Regierung, Sophie Primas. „Der Macronismus wird wahrscheinlich in den nächsten Monaten sein Ende erleben“, sagte die Politikerin, die den konservativen Republikanern angehört. Diese beteiligen sich an der aktuellen Mitte-Rechts-Regierung in Paris. Für ihre unbedachte Äußerung erntete Primas Kritik von Macrons Anhängern.
Sie selbst verteidigte sich, sie habe nur Fakten genannt. Denn die französische Verfassung verbietet dem Präsidenten eine dritte Amtszeit in Folge, Macron wurde 2022 wiedergewählt. Die nächste Wahl 2027 bringt also zwangsläufig eine Erneuerung. Bleibt die Frage, ob der „Macronismus“ über die Person des Gründers hinaus überlebt. Dieser steht für eine pro-europäische und wirtschaftsfreundliche Reformpolitik.
Gute Wahlaussichten für den RN
Darüber hinaus trat der Staatspräsident zwar mit dem Versprechen an, als Vertreter der „extremen Mitte“ das traditionelle Links-Rechts-Schema zu überwinden. Doch mit der Senkung der Unternehmenssteuern, der Liberalisierung des Arbeitsrechts und Verschärfungen des Einwanderungsrechts näherte er sich über die Jahre zunehmend den Positionen der Konservativen an. Diese steuerten weiter nach rechtsaußen, wo wiederum der rechtsextreme Rassemblement National erstarkte, der 2027 gute Wahlaussichten hat.
Bis dahin bleiben noch zwei Jahre, doch die Frage um Macrons Nachfolge bewegt das politische Paris längst. Potenzielle Kandidaten bringen sich in Stellung, in Umfragen werden ihre Chancen ausgelotet. Am besten platziert erscheinen zwei Männer, die unter Macron aufstiegen. Der ehemalige Republikaner Édouard Philippe, der von 2017 bis 2020 sein erster Premierminister war, wird als seriös wahrgenommen und verfügt über ein gewisses Charisma.

Édouard Philippe
Allerdings gilt es als Nachteil, dass er sich infolge der ungefährlichen Krankheit Alopezie äußerlich stark veränderte, da er seine Haare, den schwarzen Vollbart sowie die Wimpern und Augenbrauen verlor. Der 54-jährige Bürgermeister von Le Havre hat inzwischen seine eigene Partei Horizons („Horizonte“) gegründet, erarbeitet ein Wahlprogramm, tourt durch das Land und gibt regelmäßig kritische Kommentare zur Politik Macrons ab, der ihn mitten in der Corona-Pandemie abgesetzt hatte. Es hieß damals, dass ihm Philippe zu beliebt wurde.
Die weiteren Männer im Rennen
Zu einem Zerwürfnis kam es auch mit Gabriel Attal, der 2024 acht Monate lang jüngster Premierminister in der Geschichte des Landes war, bis ihn die Entscheidung des Präsidenten im Sommer, neue Parlamentswahlen anzusetzen, kalt erwischte. Seitdem ließ sich der 36-Jährige gegen Macrons Willen zum Chef von dessen Partei Renaissance wählen. Mit im Rennen befinden sich zudem der aktuelle Justiz- und frühere Innenminister Gérald Darmanin, ein innenpolitischer Hardliner mit beträchtlichem Ehrgeiz, und der 71-jährige Ex-Premier- und Außenminister Dominique de Villepin.

Gabriel Attal
Ob Macrons Nachfolger 2027 aus dessen eigenen Reihen kommt, hängt dem Meinungsforscher Jean-Yves Dormagen zufolge aber auch von den anderen Parteien ab. „Wenn die radikale Linke um Jean-Luc Mélenchon und die extreme Rechte stark sind, verleiht das der politischen Mitte Kraft, weil sie von der Ablehnung der Extremen profitiert.“
Ein anderes Szenario zeichnet sich mit der möglichen Kandidatur des EU-Abgeordneten Raphaël Glucksmann als Vertreter einer sozialdemokratischen Linie sowie dem aktuellen Innenminister Bruno Retailleau als klassischem Konservativen ab.

Jean-Luc Mélenchon
Plant Macron ein Comeback?
Macron selbst warnt davor, das Land bis 2027 durch Nachfolgedebatten zu lähmen. Bei der Feier zum zehnjährigen Bestehen seiner Jugend-Organisation sagte er an seine Anhänger gewandt, er brauche sie noch – „in zwei Jahren, in fünf Jahren, in zehn Jahren“. Beobachter sahen dies als Signal dafür, dass der Staatschef bereits an ein Comeback denkt. Tatsächlich hätte er bei der Wahl 2032 die Möglichkeit für eine erneute Kandidatur, Macron wäre dann gerade einmal 54 Jahre als. Freilich müsste er dann seine große Unbeliebtheit überwinden, die Menschen erneut überzeugen. Viele sind enttäuscht vom Versprechen des „Macronismus“, Politik anders zu machen.
Kommentare